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Courage zeigen. DFB-Schiedsrichter Felix Zwayer leitete aus Protest gegen die zunehmende Gewalt auf den Amateurplätzen ein Spiel in der Kreisliga B in Berlin. Foto: dpa

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Sport: Spielfeld für Aggressionen

Gewalt auf dem Platz ist in Berlin fast ausschließlich ein Problem des Fußballs – was auch daran liegt, dass die Macht des Schiedsrichters groß ist

Berlin - Am Wochenende wollten die Berliner Schiedsrichter demonstrieren, dass sie genug haben von der Gewalt auf den Fußballplätzen. Sie streikten für fünf Minuten. Ihr Motto hieß „Zeit zum Nachdenken. Kein Platz für Gewalt.“ Es wurde durch die Realität konterkariert, wieder wurden Spiele abgebrochen – gleich fünf waren es. Spielabbrüche aufgrund gewalttätiger Übergriffe auf Berliner Amateursportplätzen sind offenbar ein ausschließliches Problem des Fußballs.

In keiner anderen Sportart mussten in der Vergangenheit in Berlin Spiele nach Gewalttaten oder deren Androhung gegen Schiedsrichter oder Spieler abgebrochen werden. Das betrifft auch die unteren Ligen. Es gebe „höchstens mal Einzelfälle“, bestätigte Dietmar Bothe, Pressechef des Landessportbundes Berlin. Diese führen aber in der Regel nicht zum Abbruch eines Spiels. Das gilt auch für andere Mannschaftssportarten nach dem Fußball, zum Beispiel im Basketball. „Es gibt natürlich Pöbeleien und Verunglimpfungen von Schiedsrichtern aus dem Zuschauerbereich“, sagt Bernd Michael, Referent für das Schiedsrichterwesen im Berliner Basketball-Verband. Es gebe jedoch keinen Fall, „wo das dann in gewaltsamen Übergriffen auf den Schiedsrichter endete“. Fälle verbaler Gewalt, bei denen Worte verletzen, gibt es demnach durchaus. Diese kann sowohl von Zuschauern, als auch Spielern ausgeübt werden und kommt sicherlich in jeder Sportart vor. Körperliche Gewaltausübung oder massive Bedrohung, die zum Spielabbruch führt, gibt es jedoch bislang in Berlin nur im Fußball.

Körperliche Übergriffe auf Spieler oder Schiedsrichter gibt es etwa im Basketball nicht. „Die Spieler würden auch lebenslang gesperrt werden“, sagt Bernd Michael. Allerdings müssen Fußballspieler, die den Schiedsrichter körperlich attackieren mit ebenso drastischen Strafen rechnen. Sie machen es trotzdem. Offenbar ist bei einigen wenigen Sportlern im Berliner Amateurfußball die Hemmschwelle und die Akzeptanz gegenüber Regelwerk und den Entscheidungsträgern geringer als in anderen Sportarten. Basketball-Schiedsrichter haben gegenüber den Fußball-Schiedsrichtern den Vorteil, dass sie „nicht eine Entscheidung treffen müssen, die spielmaßgeblich ist, sondern einhundert oder zweihundert“, glaubt Bernd Michael. Im Basketball kann der Schiedsrichter mit einer Entscheidung nicht so viel Einfluss auf den Spielausgang nehmen, wie im Fußball durch Strafstöße, Platzverweise oder aberkannte Tore. Dadurch, dass im Fußball wenige Tore fallen, ist auch die Empörung über solche Schiedsrichterentscheidungen bei Spielern und Zuschauern größer, in dem Wissen, nicht allzu viele Gelegenheiten zu bekommen, das Ergebnis zu verändern.

Dietmar Bothe warnt jedoch davor, den Fußball zu brandmarken: „Wo wenige Zuschauer sind, da geht es insgesamt ruhiger zu“. Das Problem der Gewalttaten im Fußball sei auf die hohe Zahl der Sportler und Zuschauer zurückzuführen. „Fußball ist die dominierende Sportart in Berlin“, sagt Bothe.

Jeder fünfte der insgesamt 580 000 Athleten in Berlin sei Fußballer. „Man täte dem Fußball unrecht, wenn man sagen würde: Bei euch ist die Hemmschwelle geringer“, sagt Bothe. Die Zahl der Sportverletzungen im Fußball sei statistisch am höchsten, deshalb sei die Sportart aber nicht automatisch die Gefährlichste.

Nico Müller

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