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Sport: Spielt mit uns!

Im Viertelfinale setzt Bundestrainer Löw darauf, dass sein Team gegen die spielstarken Portugiesen besser aussieht als zuletzt – und natürlich auf Portugal-Schreck Bastian Schweinsteiger

Sie gaben ein farbenfrohes Paar ab, der wasserstoffblonde Rotsünder und die Frau Bundeskanzlerin oben auf den besseren Plätzen des Wiener Ernst-Happel-Stadions. In der Halbzeitpause war Bastian Schweinsteiger zwei, drei Sitzreihen heruntergekommen zu Angela Merkel, die ihn strahlend empfing. Beide kennen sich recht gut aus den märchenhaften Tagen des WM-Sommers. Zur Premiere des dazugehörenden Films standen beide gemeinsam auf dem roten Teppich in Berlin, die coole Kanzlerin und Schweinsteiger im Johannes-Heesters-Outfit. In Wien nun plauderten beide so lange miteinander, bis der aufgedreht wirkende Schweinsteiger endlich den Verschluss seiner Wasserflasche geöffnet hatte.

„Es war mal ganz interessant da oben“, sagte Bastian Schweinsteiger hinterher, „super Sitzplatz.“ Vielleicht waren beide in ihren Gedanken schon ein wenig vorausgeeilt, zum Viertelfinale am Donnerstag gegen Portugal. Merkel erzählte hinterher, dass sie in Basel leider nicht persönlich anwesend sein könne, wegen des EU-Gipfels, aber dass sie mit ihrem portugiesischen Amtskollegen ganz bestimmt mal um die Ecke gehen werde, um sich über den Spielstand zu informieren. Sie wird das vermutlich mit einer gewissen Gelassenheit tun, die Bundeskanzlerin, denn, so viel weiß mittlerweile auch sie schon: Spiele gegen Portugal sind Bastian-Schweinsteiger-Spiele.

Bei der Weltmeisterschaft war es nämlich der damals 22 Jahre alte Schweinsteiger, der im Spiel um Platz drei mit zwei Weitschüssen und einer scharfen Freistoßflanke, die vom Portugiesen Petit unhaltbar ins eigene Tor abgelenkt worden war, die Südeuropäer narrte. Schweinsteiger gilt seither als der personifizierte Schrecken des portugiesischen Torwarts Ricardo. Denn nur wenige Wochen später war es erneut Schweinsteiger gewesen, der in der Champions League mit dem FC Bayern bei Sporting Lissabon den Torwart Ricardo mit einem Fernschuss überwand. „Ich kann mich nicht erinnern, dass je ein Spieler gegen mich so oft fast identische Tore erzielt hat“, sagte gestern Torwart Jens Lehmann.

Dass Schweinsteiger in jenem Spiel in Lissabon Gelb-Rot gesehen hatte, gilt mittlerweile als kleiner kosmetischer Fehler. Den hat der Bayer bei der EM bereits hinter sich. Und vielleicht hat die aktuelle Sperre ja ihr Gutes. Am Donnerstag ist der Mittelfeldspieler wieder einsatzbereit. „Ich gehe davon aus, dass er in die Mannschaft zurückkehrt“, sagte gestern Joachim Löw, der den gegen Österreich gesperrten Schweinsteiger auf die Tribüne verbannt hatte. „Ich sehe es schon so, dass er jetzt eine gewisse Bringschuld hat“, sagte Löw. „Ich weiß, dass er vor Energie strotzt und denke, dass er unser Spiel beleben wird.“

Nun wird ein Schweinsteiger allein nicht reichen. Der Gegner besteht nicht nur aus Torwart Ricardo. Nach dem Empfinden Schweinsteigers sind die Portugiesen „die vielleicht Besten, die hier beim Turnier sind. Aber sie haben auch Schwächen“, sagte Schweinsteiger. „Das wird ein großer Tag werden. Ich freue mich darauf riesig.“

Nur wie kann man die Mannschaft von Luiz Felipe Scolari ausschalten? „Wir werden gegen sie besser ins Spiel kommen“, sagte Löw. Seine Überzeugung bezieht der Bundestrainer aus der durchaus berechtigten Annahme, dass der Gegner mitspielen werde, womit „wir uns leichter tun, denn wir sind mal nicht der Favorit“. Christoph Metzelder, der Fortschritte macht, aber immer noch um Überblick ringt, verstieg sich sogar zu der Behauptung, wonach die Portugiesen bestimmt „nicht so richtig Lust haben, gegen uns zu spielen“. Metzelder hat sogar ein probates Mittel parat: „Wir müssen deren Individualisten als Mannschaft bekämpfen, sie so aus dem Spiel nehmen und dann Nadelstiche setzen.“

Konkrete Strategien wollte der Bundestrainer gestern nicht veröffentlichen. Nur so viel: „Bei uns wird schon noch ein Thema werden, wie wir Cristiano Ronaldo und andere unter Kontrolle bringen, wie wir die Offensive der Portugiesen beherrschen können.“ Keiner seiner Spieler solle dem Glauben verfallen, es jeweils allein lösen zu können. Sein Optimismus aber scheint keine Grenzen zu kennen. Löw, der vor dem Österreichspiel versprochen hatte, das Viertelfinale zu erreichen, wurde gestern gefragt, ob er sich traue, ein ähnliches Versprechen für das Erreichen des Halbfinales abzugeben? Er wählte die knappste und wohl mutigste aller Antworten: „Ja.“

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