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Almir Velagic befürchtet, nun sogar doppelt und dreifach betrogen zu werden.

© AFP/Shlamov

Spitzensportförderung: Gewichtheber entsetzt über Innenminister Thomas de Maizière

Thomas de Maizière beweist nach Ansicht der deutschen Gewichtheber "ein hohes Maß an Unkenntnis und Dickfelligkeit". Grund sind neue Äußerungen des Bundesinnenministers zur Spitzensportförderung.

Die deutschen Gewichtheber haben mit Entsetzen auf die Überlegungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière reagiert, dopingverseuchte Sportarten eventuell nicht mehr fördern zu wollen. „Wenn eine Sportart 'verseucht' ist, dann liegt es auch daran, dass unsere Bundesregierung bislang nichts getan hat, um dies zu verhindern bzw. die bekannten Probleme zu bearbeiten und zu lösen“, schrieb Christian Baumgartner am Freitag an DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber sei „erstaunt über so ein hohes Maß an Unkenntnis und Dickfelligkeit“.

Baumgartner sieht es als Aufgabe der Politik an, konsequenter im Kampf gegen weltweites Doping voranzugehen. Die Förderung einzustellen hieße nichts anderes als: „Wir kapitulieren!“ Das sei ein „fatales Signal“ für die Jugend. „Sie muss denken: Sauber zu sein, das lohnt nicht“, sagte Baumgartner. „Ich weiß nicht, was sich ein Innenminister bei solchen Aussagen denkt.“

Kopfschütteln hat der Bundesinnenminister auch bei den Sportlern ausgelöst. „Wir deutsche Gewichtheber sind sauber. Wir werden im Wettkampf beschissen, weil wir gegen die Gedopten keine Chance haben. Jetzt will man uns doppelt und dreifach bestrafen und uns auch noch die Förderung wegnehmen“ klagte Almir Velagic, Olympia-Neunter in Rio.

De Maizière hatte in einem Interview der “Süddeutschen Zeitung“ gesagt: „Wenn eine Sportart strukturell dopingverseucht ist, habe ich Zweifel, ob wir diese Sportart mit Steuergeldern fördern sollten.“ Die Konsequenz: Deutsche Sportler, die in Problemsportarten seit Jahren nicht dopen, der Weltspitze hinterherrennen und für Fairplay kämpfen, werden bestraft. „So gräbt man den Sportlern, die Widerstand gegen Doping leisten, das Wasser ab“, betonte Baumgartner.

Der Kampf gegen Doping im Gewichtheben geht allmählich voran

Einzelne Sportarten „denen zu überlassen, die betrügen und die internationalen Regeln und olympischen Werte mit Füßen treten, wird wohl kaum dazu führen, das beabsichtigte Ziel zu erreichen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie die Verbände in Russland, Kasachstan, Weißrussland, Armenien usw. usw. jubilieren, wenn sie so eine Meldung lesen“, kommentierte Baumgartner die Aussagen de Maizières.

Falls die Bundesregierung künftig zwischen „guten und bösen Sportarten unterscheiden will, dann diskriminiert sie nicht nur die Leistungssportler in Deutschland, sondern auch die Hobby- und Freizeitsportler“, erklärte Baumgartner, der vom DOSB „kurzfristig eine klare Aussage“ erwartet.

Der Kampf gegen Doping im Gewichtheben geht allmählich voran. Bei den Nachtests von Proben der Olympischen Spiele in Peking und London sind bislang 47 positive Fälle aufgedeckt worden. Nationen, die drei oder mehr Dopingsünder hatten, werden für ein Jahr gesperrt. Das betrifft derzeit neun Länder.

Jürgen Spieß vom AV 03 Speyer war in Peking Neunter, gehörte danach nicht zu den geförderten Sportlern. Durch die acht Jahre später erwischten Dopingbetrüger ist er auf Platz sechs vorgerückt. Damit hätten sowohl er als auch der Verband Fördergelder erhalten müssen. (dpa)

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