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Sport: Sponsoren im Chaos

44 Tage vor der Handball-Weltmeisterschaft in Deutschland ist die Vermarktung noch nicht geklärt

Berlin - Das Urteil fällt vernichtend aus. „Manche Bezirksmeisterschaft ist besser organisiert“, sagt Eberhard Klaehr. Der Marketingleiter von Intersport Deutschland meint damit die Vermarktung der 20. Handball-Weltmeisterschaft, die in 44 Tagen beginnt: Am 19. Januar 2007 trifft Gastgeber Deutschland in Berlin im Eröffnungsspiel auf Panamerikameister Brasilien. Klaehr muss es wissen, hat doch sein Arbeitgeber kürzlich einen bis 2013 laufenden Vertrag mit der Internationalen Handball-Föderation (IHF) abgeschlossen, um den es viel Ärger gibt. Obwohl nämlich die IHF der Heilbronner Genossenschaft Exklusivität gewährte, konnte der Deutsche Handball-Bund (DHB) Ende Oktober eine Kooperation mit dem Intersport-Konkurrenten Karstadt verkünden. Wer in den WM-Hallen etwas unter welchem Namen verkaufen darf, darüber gab es deshalb Zoff zwischen IHF und DHB, der Weltverband drohte dem DHB gar öffentlich mit juristischen Schritten. Selbst ein extra anberaumter Krisengipfel in der Baseler IHF-Zentrale, an dem DHB-Präsident Ulrich Strombach und IHF-Präsident Hassan Mustafa neben den Firmenvertretern teilnahmen, sorgte nicht für Ruhe. Noch immer „sind viele Dinge nicht abschließend geklärt“, klagt Klaehr.

Derzeit tourt ein überdimensionaler Werbe-Handball durch Deutschland, doch die sonstigen Vorbereitungen sind amateurhaft. „Eine Anfrage hat ergeben, dass das WM-Logo international nicht geschützt ist. Keiner weiß, wer die Rechte hat“, sagt Klaehr. Und als ihm kürzlich eine Agentur anbot, während der Finaltage in einem Sponsorenzelt vor der Kölnarena Sportartikel zu verkaufen, da ist ihm erstmals aufgegangen, dass die IHF eine Bannmeile vor den WM-Hallen nicht vorgesehen hat. Jedenfalls, sagt Klaehr, sei Ambush-Marketing programmiert, also der gezielte Angriff von Konkurrenzunternehmen gegen Lizenznehmer.

Laut Branchenkennern liegt die Ursache aller Konflikte beim Rechteinhaber in Basel, in der Zentrale des Weltverbandes. Denn die IHF zeigte sich bislang mit der Vermarktung, die sie in Eigenregie betreibt, heillos überfordert. Allein die Tatsache, dass die IHF die WM-Sponsoren immer noch nicht vorgestellt hat, obwohl diese Präsentation erst für August und dann für Oktober angekündigt worden war, spricht für sich. Neben den drei langjährigen IHF-Partnern Adidas, Select und Molto ist lediglich kürzlich die Lufthansa AG als Kooperationspartner vorgestellt worden. Aber zumindest die TV-Rechte für die nächsten vier Jahre liegen jetzt in der Hände von Profis: Der Hamburger Vermarkter Sportfive hat sie für 33 Millionen Euro gekauft.

Auch sind nach Informationen des Tagesspiegels Verträge mit der Eurohypo, dem dänischen Konzern Grundfoss, der Hamburg-Mannheimer und mit Intersport unterschrieben. Mit Eon, VW und Henkel aber wird offenbar munter weiterverhandelt. Spötter behaupten bereits, womöglich sogar bis nach der WM. Der koreanische Konzern Samsung indes ist mittlerweile abgesprungen und engagiert sich nun bei dem Konkurrenzverband Europäische Handball-Föderation (EHF) – in der Champions League. Die DHB-Vertreter haben darob einigermaßen resigniert. „Wir haben immer gesagt, geht raus mit den Sponsoren, dann haben wir auf diesem Feld Ruhe“, sagt etwa Horst Bredemeier, der DHB-Vizepräsident. Alles hätte längst publiziert werden müssen. Frank Birkefeld, der zuständige IHF-Geschäftsführer, war trotz mehrmaliger Anfrage nicht zu erreichen.

Überhaupt sind die Verantwortlichen in der Handball-Weltzentrale auch wegen eines anderen Streitpunkts sichtlich nervös. Denn die Funktionäre der EHF, die vermeintlichen Erzfeinde aus Europa, haben für den nächsten IHF-Kongress, der im April 2007 in Madrid stattfindet, einen Vierjahresturnus für die Weltmeisterschaften vorgeschlagen. Damit würden der IHF, die derzeit alle zwei Jahre einen Weltmeister ausspielen lässt, wichtige Erlöse wegfallen. Auch das von der IHF für Juni 2008 bereits festgesetzte Olympia-Qualifikationsturnier wird in Madrid noch einmal auf die Tagesordnung kommen. Mustafas Behauptung, das Internationale Olympische Komitee hätte dieses zusätzliche Turnier gefordert, hat sich als falsch erwiesen.

Die Grabenkämpfe und Unzulänglichkeiten in der Vermarktung schmälern die Vorfreude der deutschen Fans indes nicht. Mittlerweile sind 240 000 Tickets verkauft, das sind etwa 80 Prozent des verfügbaren Kontingents. „Das wird eine großartige Weltmeisterschaft“, sagt DHB-Vizepräsident Bredemeier.

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