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200 Millionen auf einen Schlag: Der nordirische Golfer Rory McIlroy könnte bald einen neuen Sponsoringrekord aufstellen.

© dapd

Sponsoring im Sport: Her mit dem Geld!

200 Millionen Euro für einen Golfer, 50 Pfennig für Franz Beckenbauer und eine Extrawurst für Matthias Sammer: Eine kleine Kulturgeschichte des Sportsponsorings.

Eine Viertelmilliarde US-Dollar ist eine Menge Geld. Vor allem, wenn man es dafür erhält, ein kleines Logo auf dem Hemd zu tragen und den Golfschläger zu wechseln. Umgerechnet knapp 200 Millionen Euro soll der Sportartikelhersteller Nike dem Golfer Rory McIlroy bieten, damit er die nächsten zehn Jahre das Häkchenlogo spazieren trägt. Wird der von amerikanischen Medien vermeldete Deal offiziell bestätigt, dann stellt der 23-jährige Nordire einen neuen Sponsoringrekord im Sport auf.

Bisher galt Tiger Woods als Rekordmann in Sachen Sponsoringeinnahmen. 1996 unterzeichnete er für 40 Millionen Dollar bei Nike, 2001 verlängerte er für 100 Millionen Dollar über fünf Jahre. In ähnliche Dimension stießen nur der Tennisprofi Roger Federer (geschätzte 100 Millionen Dollar über zehn Jahre von Nike), der Fußballspieler David Beckham (etwa 160 Millionen Dollar für ein lebenslanges Adidas-Sponsoring) und George Foreman vor. Der frühere Boxer strich 137,5 Millionen Dollar dafür ein, dass er den Amerikanern einen Grill anpries.

Der neue Rekord lässt Fragen über den Sinn und Unsinn des Sponsorings von Sportlern aufkommen. Seit Anbeginn des Profitums unter Athleten gang und gäbe, investieren Unternehmen Unsummen nicht nur in Klubs und Mannschaften, deren Fortbestand, Popularität und teils auch Erfolg zumindest annähernd sicher ist, sondern auch in Sportler, deren Karriere jeden Moment vorbei sein könnte.

Dem Risiko zum Trotz, sagt Pascal Schulte vom Branchen-Analysten „Sport+Markt“. „Der Vertrag macht aus Sicht von Nike durchaus Sinn. Golf ist vor allem in den englischsprachigen Ländern sehr beliebt, dort wird es sogar in Kneipen übertragen.“ Vor allem der US–Riese Nike ist immer wieder für rekordverdächtige Sponsorendeals gut, denn sie haben den Konzern zur Weltmarke gemacht. In erster Linie dank Michael Jordan: Den Basketballer nahm Nike 1984 für die damals hohe Summe von 500.000 Dollar unter Vertrag, obwohl Jordan noch kein einziges Profispiel bestritten hatte. Jordan gilt heute als einer der besten und bestvermarkteten Athleten der Geschichte und soll Nike etwa 2,6 Milliarden Dollar Umsatz eingebracht haben. Aktuell zahlt Nike LeBron James 90 Millionen Dollar über sieben Jahre. Der Basketballspieler kann sich seit Schulzeiten kaum vor Sponsoring-Anfragen retten. An der High School wurde er mit 18 Jahren gesperrt, weil er verbotenerweise zwei Trikots von einem Sportartikelgeschäft annahm.

Noch jünger war Franz Beckenbauer, als er seinen ersten Sponsor vorweisen konnte. Beckenbauers Opa zahlte ihm im Kindesalter für jedes Tor 50 Pfennig. Was anfänglich als kleiner Anreiz für den Enkel gedacht war, bereitete dem Opa bald Sorgen. Beckenbauer, damals noch Stürmer, schoss Tor um Tor. Von Gewissensbissen geplagt annullierte Opa Beckenbauer die mündliche Absprache bald.

Mancher Profi veränderte für einen Sponsorenvertrag sogar sein Äußeres. Paul Breitner, wegen seiner Afrofrisur und seinem nicht gerade latent zur Schau gestellten Interesse am Kommunismus als „Revoluzzer“ betitelt, trug viele Jahre einen prächtigen Vollbart. Kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft 1982 schor der Nationalspieler den Bart ab und warb für einen Rasierwasser-Hersteller, dem dieser Coup 150.000 Mark wert war.

Warum die drei Bestverdiener alle Einzelsportler sind

Man erkennt ihn an den Streifen: Matthias Sammer spielte auch in der Nike-Ära bei Borussia Dortmund stets mit seinen Adidas-Schuhen.
Man erkennt ihn an den Streifen: Matthias Sammer spielte auch in der Nike-Ära bei Borussia Dortmund stets mit seinen Adidas-Schuhen.

© dpa

Zuweilen werben Sportler auch für Dinge, mit denen sie sich weniger identifizieren konnten oder nach eigener Aussage keine Verwendung dafür hatten. Pelé, Brasiliens Fußball-Idol, warb vor einigen Jahren für die Potenzpille Viagra, wurde aber nicht müde zu betonen, das Produkt nie genommen zu haben. Oder Matthias Sammer. Der heutige Sportchef des FC Bayern war zu seiner aktiven Zeit fest mit Adidas verbandelt. Weil aber Sammers Verein Borussia Dortmund vom Konkurrenten Nike ausgerüstet wurde, musste Sammer seine Adidas-Treter mit dem Nike-Haken versehen lassen. Bei Tacklings war auf Bildern auf Sammers Schuhsohlen deutlich das Adidas-Emblem zu sehen – der erste Hybridschuh der Bundesliga war geboren.

Begeisterung beim Publikum für die jeweilige Sportart ist Grundvoraussetzung für einen Sponsoringvertrag. „Golf ist für Ausrüster ein sehr spannender Sport, weil neben der Werbewirkung vor allem viel Geld mit Ausrüstung umgesetzt werden kann“, sagt der Analyst Schulte.

Nach den guten Erfahrungen mit Tiger Woods will Nike McIlroy als neues Gesicht der Marke aufbauen. „Für einen 23-Jährigen ist McIlroy schon sehr weit, er kann der Golf-Superstar der nächsten Jahre werden“, sagt Schulte. Denn Woods’ Image hat trotz des sportlich erfolgreichen Comebacks Schaden genommen durch private Eskapaden. Von Lance Armstrong trennte sich das Unternehmen wegen dessen Dopingskandal. Zudem ist Woods, laut „Forbes Magazin“ immer noch der Sportler mit den höchsten Sponsoringeinnahmen, bereits 37 Jahre alt. Der Weltranglistenerste McIlroy gilt nicht nur wegen seines Alters als der Golfstar der Zukunft, zudem besitzt er dank seiner Freundin, der dänischen Tennisspielerin Caroline Wozniacki, auch Strahlkraft außerhalb des Grüns.

Schon bei den Olympischen Spielen der Antike ließen sich die Athleten von Spendern das Öl bezahlen, mit dem sie sich einrieben. Wer heute viel Geld verdienen will, der muss als globale Marke vor allem auf dem amerikanischen und asiatischen Markt bekannt sein. So verdient laut Forbes Magazin (siehe Kasten) etwa der indische Cricket-Spieler Mahendra Singh Dhoni jährlich etwa 17,6 Millionen Euro durch Sponsoring, mehr als der Weltfußballer Lionel Messi (etwa 14,6 Millionen Euro). Die drei Bestverdiener sind alle Einzelsportler. Pascal Schulte erklärt das damit, dass „bei Einzelsportlern die Identifikation etwas größer“ sei. „Bei Fußballern oder Basketballern sind die herausragenden Spieler für die Ausrüster natürlich auch wichtig, doch sie sind immer Teil eines Teams, das die Fans lieben und mit dem die Sportartikler ebenfalls werben.“ Weil Spieler den Klub häufig wechseln, haben Sponsoren mehr Sicherheit, wenn sie für den kompletten Klub werben.

Sicherheit hat Rory McIlroy in Zukunft auch. Nicht unbedingt, was seine sportliche Karriere angeht. Aber sehr viel mehr Geld ist ihm gewiss.

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