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Sport und Politik: Was die Spiele für Nord- und Südkorea gebracht haben

Schon zweimal sind Athleten aus Nord- und Südkorea gemeinsam bei Eröffnungsfeiern einmarschiert. In Peking aber trennt sie ein Sicherheitsabstand. IOC-Präsident Jacques Rogge bezeichnet das als Rückschlag. Welche Wirkung hat Olympia tatsächlich auf die Politik in Korea?

Nicht einmal symbolisch zusammengehören wollen Nordkoreaner und Südkoreaner zurzeit, und bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele trennte sie schließlich sogar ein Sicherheitsabstand. Das chinesische Alphabet hätte beide hintereinander ins Nationalstadion von Peking einlaufen lassen, doch der Ablaufplan schob kurz vor Beginn noch die Fidschi-Inseln, Kamerun und Montenegro zwischen den Süden und den Norden Koreas. Dabei hätte das Internationale Olympische Komitee so gerne damit geworben, beide koreanischen Mannschaften wie schon vor vier Jahren in Athen und vor acht Jahren in Sydney zusammen zu bringen. Als Vorstufe für ein wiedervereinigtes Korea. Dafür hatte sich das IOC sogar bei den Staatschefs beider Länder eingesetzt – vergebens. „Das ist ein Rückschlag für Frieden, Harmonie und den Vereinigungsprozess“, sagte IOC-Präsident Jacques Rogge.

Die Olympischen Spiele 1988 in Seoul nennt das IOC gerne als Beitrag zur Demokratisierung Südkoreas

Korea liegt dem IOC auch deshalb so nahe, weil es bis heute als Symbol dafür gilt, was die olympische Bewegung erreichen kann. Die Olympischen Spiele 1988 in Seoul nennt das IOC gerne als Beitrag zur Demokratisierung Südkoreas. Doch wie viel haben die Spiele wirklich dazu beigetragen? „Die Olympischen Spiele haben den Südkoreanern eine wichtige Erfahrung gebracht: Wir können miteinander umgehen“, sagt Werner Pfennig, der am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität über Asien, insbesondere Südkorea geforscht hat und heute die Heinrich-Böll-Stiftung berät. Mit den Spielen tauchte auf einmal in Südkorea ein gemeinsames Interesse auf. „Wir müssen tolle Olympische Spiele organisieren und dürfen keinen Militärstaat präsentieren“, sagt Pfennig. Das habe den Übergang von einer Militärdiktatur zur Demokratie erleichtert. Auch halfen die Spiele den Südkoreanern, ihre außenpolitische Stellung zu verbessern, es nahm 1988 mit vielen Staaten des Ostblocks diplomatische Beziehungen auf.

Auf China könne man die Erfahrungen Südkoreas jedoch nicht übertragen, sagt Pfennig. Die Demokratisierung Koreas geschah schließlich in einer Zeit, in der sich die ganze Welt im Wandel zu befinden schien: der Ostblock öffnete sich, Bewegungen wie Solidarnosc und Perestroika prägten auf einmal die Politik.

Doch wer soll die Veränderungen herbeiführen? „Es gibt in China keine organisierte Opposition“, sagt Pfennig. Ganz im Gegensatz zu Südkorea mit einer starken Demokratiebewegung aus Gesellschaft und Kirche. Und auch der Unmut der Bevölkerung sei nicht groß genug, um Veränderungen herbeizuführen. Die Stadtbevölkerung profitiert von der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas, die Landbevölkerung ist nicht in der Lage, Protest zu organisieren. „Es fehlt die kritische Masse“, sagt Pfennig.

Wenn Chinesen während der Spiele gegen das eigene Regime demonstrierten, könnte das sogar das Gegenteil des Erhofften bringen. „Die Masse sagt dann: Die machen unsere Spiele kaputt.“ Von den Olympischen Spielen erwartet Pfennig daher allenfalls eine kleine Wirkung: eine Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses zwischen China und der Welt. „Es kann den Chinesen zu einer entspannteren Selbstwahrnehmung verhelfen und zu der Erfahrung, dass nicht alles, was sie nicht kontrollieren können, gegen sie gerichtet ist.“

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