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Handball Wilczynski

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Sportunfall: Handball unter Lebensgefahr

Im Bundesligaspiel in Wetzlar kam es zu einem Unfall. Bei einem Zusammenprall erlitt der Füchse-Spieler Konrad Wilczynski eine Platzwunde. Der Torwart von Wetzlar Zoran Djordjic verschluckte seine Zunge. Jetzt wird der Ruf nach einer Regeländerung laut.

Berlin - Auch am Tag danach hat Jörn- Uwe Lommel den Schock nicht überwunden. Mit gedämpfter Stimme sagt der Trainer der Füchse Berlin: „Das war übelst, so etwas überwindet man nicht so schnell.“ Dabei hätte alles so schön sein können. Mit 33:26 siegte sein Team bei der HSG Wetzlar und liegt nun nach zwei Spieltagen in der Bundesliga-Tabelle auf Rang drei. Aber eine Szene aus der zwölften Minute beschäftigt ihn immer noch, der Zusammenprall zwischen dem Füchse- Linksaußen Konrad Wilczynski und Wetzlars Torhüter Zoran Djordjic. Während Wilczynski mit zwei stark blutenden Platzwunden ins Krankenhaus gebracht werden musste, drohte Djordjic an seiner verschluckten Zunge sogar zu ersticken. Wetzlars Mannschaftsarzt und ein Notarzt retteten den Serben, der letztlich eine Gehirnerschütterung erlitt und an Kopf und Mund genäht werden musste.

Eine ähnlich dramatische Szene, bei der ein Spieler einen Angriff mit dem Blick zurück zum eigenen Torwart gelaufen war und der herausstürzende gegnerische Torhüter den Ball abfangen wollte, dabei den Angreifer umrannte, gab es bereits vor knapp sieben Jahren. In der Kölnarena waren Torhüter Jan Stankiewicz vom VfL Gummersbach und sein schwedischer Landsmann Johan Pettersson vom THW Kiel ebenfalls bei einem Konter zusammengeprallt. Pettersson hatte seine Zunge verschluckt und drei Zähne verloren. Konsequenzen zog dieser Vorfall damals nicht nach sich.

Für Jörn-Uwe Lommel ist klar, was längst hätte passieren müssen: eine Regeländerung. „Wenn der Torhüter nicht mehr als sechs Meter herauslaufen darf, kann das nicht passieren“, sagt er und fordert: „Eine dicke rote Linie als Grenze.“ Der Handball sei in den vergangenen Jahren derart dynamisch geworden, dass bei derlei „Kamikaze-Aktionen“ von Torhütern, auf die ein Angreifer mit Blick nach hinten nicht reagieren kann, schlimmste Verletzungen möglich sind. Lommel schlussfolgert deshalb: „Gesundheit geht vor einer taktischen Möglichkeit, die Chance des Gegners zu unterbinden.“

Bob Hanning, der Geschäftsführer der Füchse Berlin, spricht sich dagegen gegen eine solche Regeländerung aus, appelliert vielmehr an die Verantwortung der Torhüter: „Passiert so etwas, hat der Torhüter immer Schuld. Denn nur er hat den Blickkontakt zum Ball. Djordjic war deshalb mit der Roten Karte noch gut bedient.“ Aber eine Absicht sei ihm nicht zu unterstellen, und ein Risiko gäbe es nun mal bei den mit enormer Dynamik vorgetragenen Aktionen. Handball sei deshalb nicht unfairer geworden.

Die Füchse Berlin hatten im zweiten Saisonspiel in Wetzlar einen Auftritt, der mit viel Einsatzbereitschaft geführt wurde. So stellt sich Coach Lommel auch das nächste Heimspiel am kommenden Mittwoch (20.15 Uhr, Max-Schmeling- Halle) gegen die Rhein-Neckar Löwen vor. Deshalb hat er auch seinen ersten Gedanken wieder verworfen, die Regelkommission des Handball-Weltverbandes IHF in Basel über den Unfall in Wetzlar zu informieren. „Ich habe jetzt andere Sorgen“, sagt er, „wie wir am Mittwoch die Rhein-Neckar Löwen besiegen können.“ Wohl ohne Konrad Wilczynski, „denn manchmal muss man einen Spieler auch vor dem eigenen Ehrgeiz schützen“.

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