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Sport: Spritzen und Tabletten statt Training

Jürgen Röber war gestern nicht gut drauf. Mit Spritzen und Tabletten bekämpfte er seine Bronchitis, derweil seine Spieler von seinem Assistenten Bernd Storck auf dem Trainingsplatz am Olympiastadion herangenommen wurden.

Jürgen Röber war gestern nicht gut drauf. Mit Spritzen und Tabletten bekämpfte er seine Bronchitis, derweil seine Spieler von seinem Assistenten Bernd Storck auf dem Trainingsplatz am Olympiastadion herangenommen wurden. Doch heute, wenn es im letzten Spiel des Jahres gegen den FC St. Pauli (20 Uhr, Olympiastadion) geht, wird Röber auf der Trainerbank des Berliner Fußball-Bundesligisten sitzen. Das lässt er sich nicht nehmen. Jetzt, da ihn alle bereits als Auslaufmodell sehen, schon gar nicht.

Zum Thema Fotostrecke I: Bilder der Saison 01/02 Fotostrecke II: Hertha Backstage Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Offiziell ließ sein Arbeitgeber auch gestern nichts verlauten, doch es ist längst beschlossene Sache, dass sich die Wege trennen. Offiziell soll es heute oder morgen noch ein Gespräch zwischen Röber und Manager Dieter Hoeneß geben, "aber wir haben doch oft genug gesprochen" (Röber). Eigentlich gibt es auch nichts mehr zu besprechen. Röber wird aller Voraussicht nach seinen im Juni nächsten Jahres auslaufenden Vertrag erfüllen und dann Hertha den Rücken kehren. Der Verein sieht sich derweil nach einem international renommierten Trainer um, mit dem der Sprung in die europäische Spitze besser als mit Röber gelingen soll.

Am Mittwochmorgen, beim letzten Treffen vor der Winterpause, wird der Mannschaft mitgeteilt, was sie schon längst weiß. Tags darauf heiratet Röber seine Freundin Ilona Marx, anschließend geht es nach Südtirol in den Skiurlaub. "Da kann ich hoffentlich Abstand von allem gewinnen", sagt Röber.

Abstand muss er gewinnen. Die letzten Tage waren nicht leicht, auch wenn er die Trennung nach sechs Jahren Gemeinsamkeit "als völlig normale Sache" bezeichnete. Dass er zuletzt nach dem siegreichen Spiel gegen Leverkusen die Tränen nicht unterdrücken konnte, ließ erkennen, dass es doch nicht so normal ist. "Natürlich bin ich berührt. Berlin verlässt man nicht so leichten Herzens", kommentierte Röber. Spätestens da wussten alle, dass er mit Hertha abschließt.

Bleibt er bis Juni, könnte es noch einige schwierige Monate für ihn geben. Weil die Mannschaft weiß, dass er geht, was die Arbeit nicht erleichtert. Doch Röber könnte mit dem Sieg im DFB-Pokal und (oder) dem Erreichen der Qualifikation zur Champions League noch einiges für sein ansonsten ja ohnehin gutes Image tun. Was ihm das Anheuern bei einem anderen Verein erleichtern würde. Sofern er nicht schon längst einen neuen Arbeitgeber gefunden hat.

Sein Nachfolger soll schon feststehen. Möglicherweise wird er am Mittwoch bei der Pressekonferenz auf dem Olympiagelände präsentiert. Namen gibt es genug, spekuliert wurde in den letzten Tagen eifrigst. Einer wird es jedenfalls nicht, der vom Fachblatt "Kicker" ins Gespräch gebrachte Wim Jansen. Der hat gerade bei einem Klub in Japan unterschrieben. Der ganz große Name wäre das freilich auch nicht gewesen. Um den Trainerwechsel plausibel zu machen, müssen Herthas Verantwortliche schwereres Geschütz auffahren.

Bei alldem geht fast unter, dass heute auch noch Fußball gespielt wird. Wer zuletzt die Bayern und Bayer besiegte, könnte den auswärts bislang noch sieglosen Tabellenletzten St. Pauli glatt unterschätzen. "Das wird nicht passieren", verspricht Kotrainer Bernd Storck, der am Saisonende gemeinsam mit Röber den Verein verlassen wird. Er erwartet einen "total defensiven Gegner, der sich ganz auf seine Konter verlässt".

Beim Abschlusstraining nicht dabei war Marcelinho. Der Brasilianer, der weiter an seiner Leistenverletzung laboriert, hatte sich abgemeldet. Bei Hertha BSC geht man jedoch davon aus, dass der bislang erfolgreichste Stürmer heute mitmachen kann. Vor dem wohlverdienten Urlaub werden noch einmal die letzten Reserven mobilisiert. Für den erwarteten Sieg. Aber auch für Jürgen Röber.

Klaus Rocca

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