zum Hauptinhalt

Sport: Sprünge ins Licht

Mit Wettbewerben in den Abendstunden will die Vierschanzentournee attraktiver werden

An seinen letzten Sprung in Oberstdorf erinnert sich Eddie Edwards nur ungern. „Das ist mir heute noch peinlich“, sagt der ehemalige britische Skispringer. Die Organisatoren hatten liebevoll auf die obere Hälfte des Aufsprunghügels für Zuschauer und Fernsehkameras ein Emblem aus Blumen gelegt. Doch dann fuhr der Mann, der ironischerweise den Spitznamen „Eddie the Eagle“ trug, die Anlaufspur hinunter. Nichts erinnerte bei diesem Clown des Skispringens an einen Adler: Kurz und ungelenk flog er durch die Luft, seine Augen blickten durch flaschenbodendicke Brillengläser. „Ich bin mitten im Blumenemblem gelandet“, erzählt Eddie Edwards, „das haben die vorher tagelang hergerichtet – und dann mähe ich alles um.“

Acht Jahre nach seinem Karriereende durfte „Eddie the Eagle“ gestern in Oberstdorf wieder Blumen ummähen. Der neue Namenssponsor der Allgäu Arena erlaubte dem skurrilen Briten ein kurzes Comeback und ließ ihn im Rahmen einer Umbenennungsfeier vom Bakken der Schattenbergschanze in Oberstdorf hüpfen. Neben dieser Vor-Eröffnung durch Eddie Edwards gibt es bei der 53. Vierschanzentournee eine weitere bemerkenswerte Neuerung. Die Qualifikation am Dienstag und das Springen am Mittwoch werden erstmals erst um 16.30 Uhr (live auf RTL) starten. Unter Flutlicht. Nach den Wettbewerben in Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck (jeweils ab 13.45 Uhr), wird auch das abschließende Springen in Bischofshofen ab 16.30 Uhr ausgetragen. Damit hat sich das Fernsehen mit seinem lange gehegten Wunsch nach Springen in der Dunkelheit durchgesetzt.

Die Vermarkter versuchen damit der sinkenden Attraktivität der Vierschanzentournee entgegenzuwirken. In Deutschland bröckelt die Popularität des Skispringens, seit die heimischen Springer nicht mehr mit der Weltspitze mithalten können. So gibt es im Gegensatz zu den Vorjahren für das erste Springen in Oberstdorf noch Restkarten. Im vergangenen Jahr sahen pro Springen fast zwei Millionen Menschen weniger die Vierschanzentournee bei RTL als zuvor. Nun sollen die Abendspringen die Quote retten. „In erster Linie geht es darum, die Vorjahreswerte zu erreichen“, sagt RTL-Sportchef Manfred Loppe. „Wir müssen aber abwarten, wie die Abendspringen von den Zuschauern angenommen werden.“

Vor allem das Abendspringen am 6. Januar lag RTL schon lange am Herzen. Der Dreikönigstag ist zwar in Bayern und Österreich ein Feiertag, in vielen deutschen Bundesländern wird jedoch gearbeitet. Nun können auch Berufstätige in Berlin und Hamburg das abschließende Springen der Tournee sehen – nach der Arbeit. Von der nächtlichen Atmosphäre verspricht sich Loppe ebenfalls eine erhöhte Attraktivität. „Das wird ein anderer Kick“, sagt der RTL-Sportchef. „Feuerwerk, Lightshows, Siegerehrung mit Laserbegleitung, einiges ist denkbar.“ Dass die Veranstalter die Wünsche des Fernsehens so schnell umgesetzt haben, liegt an den 12,5 Millionen Euro, die RTL pro Jahr an den Deutschen Skiverband überweist. Auch der österreichische Verband, der die Springen in Innsbruck und Bischofshofen ausrichtet, besitzt einen lukrativen Vertrag mit dem Privatsender.

Für Oberstdorf gilt das Springen am Mittwoch auch als Generalprobe für die Nordische Ski-WM, die dort vom 16. bis zum 27. Februar 2005 ausgetragen wird. Für 23 Millionen Euro ist die Anlage unterhalb des Schattenbergs in eine moderne Skisprung- und Langlauf-Arena umgebaut worden. Unlängst nahm die Gemeinde einen 1,4 Millionen Euro teuren Schrägaufzug in Betrieb, der die Touristen vom Auslauf zum Schanzentisch befördert. „Wir haben etwas Nachhaltiges geschaffen, das uns auch in Zukunft sportliche Großveranstaltungen bescheren wird“, sagt Bürgermeister Thomas Müller. Seit gestern Abend kann die Anlage weiter verschönert werden. Das Blumenemblem kann wieder ausgelegt werden, es droht keine Gefahr mehr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false