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Sport: Spur der Siege

Weltmeisterin Regina Halmich gewinnt die Revanche gegen Elena Reid und muss sich sagen lassen, dass mit dem Boxen bald Schluss sein sollte

Fritz Sdunek ist kein Freund des Frauenboxens. Der Trainer der Profiboxer Dariusz Michalczewski sowie Witali und Wladimir Klitschko findet es „schlimm, wenn so hübsche Mädchen bluten“. Anders denkt der Kollege Torsten Schmitz, er redete nach dem hart erkämpften, knappen Punktsieg seiner Boxerin Regina Halmich gegen die Amerikanerin Elena Reid so, als sei an diesem Abend in der Magdeburger Bördelandhalle der weibliche Faustkampf neu erfunden worden. „Schönes Boxen“ habe Regina gezeigt. „Mit der Führhand den Kampf bestimmt, den Oberkörper bewegt, abgewartet, mal Schläge ausgelassen.“ Das sei ein völlig neuer Kampfstil.

„Ich bin nicht blindlings nach vorne marschiert, wie es sonst meine Art ist“, sagte die Weltmeisterin im Fliegengewicht und wurde dafür von ihrem Trainer gelobt. „Das ist das Schöne an Regina, sie lernt immer noch dazu“, sagte Schmitz. So verstehe er Frauenboxen. „Nicht nur nach vorne gehen, Köpfe einrennen, und dann sieht man Blut.“

Genau das passierte in der neunten Runde. Mit einem „unabsichtlichen Kopfstoß“, so Ringrichter Daniel van de Wiele, hat Halmich auf der Stirn Elena Reids über der Innenseite der rechten Augenbraue eine Platzwunde verursacht. Der 24-Jährigen aus Las Vegas, die sich „Baby Doll“ nennt, entfuhr ein uncharmantes Wort. Sie fürchtete nun den Abbruch des Kampfes. Doch der in Frauenkämpfen erfahrene belgische Ringrichter war nicht zimperlich. Bis zum Ende der zehnten Runde floss Blut über ihr Gesicht. „Da wieder reinzuhauen, kostete schon Überwindung“, gestand Regina Halmich später. Aber sie konnte sich keine Empfindlichkeiten erlauben, sondern musste sich der Attacken mühsam erwehren.

Nach dem Schlussgong warfen beide Frauen die Arme hoch. Reid kniete nieder und bekreuzigte sich. Halmich kletterte in Siegespose an den Ringpfosten hoch und ließ sich von 3500 Zuschauern feiern. Jede fühlte sich als Siegerin. Nach dem „stärksten Kampf meiner Karriere“ gab es für die 29 Jahre alte Karlsruherin, anders als beim skandalösen Unentschieden vor 14 Monaten, diesmal „keinerlei Irritationen“ an dem Urteil. Einstimmig entschieden die Punktrichter (96:94, 96:94, 97:93). Reid war, wie sie sich beklagte, „enttäuscht und entmutigt“. Sie sei noch stärker gewesen als im ersten Kampf, „denn ich habe Regina diesmal an den Seilen festgenagelt. In meinem Herzen bin ich sicher: Ich habe gewonnen.“ Aber sie gab sich diesmal gefasster. In Deutschland habe sie eben keine faire Chance.

Der Kampf hat auch bei Regina Halmich Spuren hinterlassen. Die Schrammen ließen sich noch wegschminken. Bei den Beulen auf beiden Jochbeinen half aber auch kein Make-up mehr. Walter Wagner, seit über einem Vierteljahrhundert Arzt am Ring, sorgt sich inzwischen auch um ihr körperliches Befinden. „Solche Kämpfe kosten viel Substanz. Irgendwo habe ich von ihr gelesen: Wenn ein Baby kommt, höre ich auf.“ Der Rat des Arztes: „Regina sollte besser bald Mutter werden.“

Hartmut Scherzer[Magdeburg]

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