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Abgefahren. Mit Vancouver schied Christian Ehrhoff (links) in den NHL-Play-offs aus und kam deshalb jetzt zur WM nach. Foto: AFP

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Sport: Stadtbummel als Fitnesstest

Deutschland beordert den müden NHL-Profi Ehrhoff zur Eishockey-WM

Von Katrin Schulze

Was für viele eine nette Freizeitbeschäftigung ist, gestaltete sich für Christian Ehrhoff am Freitag zum Fitnesstest. Ein Stadtbummel durch Köln sollte ihn bei Laune halten, damit er ja nicht zu früh einschläft – Jetlag-Bekämpfung. Schließlich wurde der Verteidiger nur zwei Tage nach seiner Ankunft aus Nordamerika am Samstagabend schon wieder in der deutschen Eishockeynationalmannschaft gebraucht. Im ersten Spiel der Zwischenrunde gegen Russland (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) sollte er mit dafür sorgen, dass die Deutschen sich bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land möglichst bis ins Viertelfinale vorspielen. Viertelfinale? „Das wäre top“, sagt Ehrhoff. Aber er weiß gleichzeitig auch um die Schwere der Aufgabe, da „man mindestens ein Spiel gewinnen muss“.

Die Zuversicht, dass seinem Team ein Erfolg gegen Russland, Weißrussland und/oder die Slowakei gelingt, nährt sich bei dem 27 Jahren alten Verteidiger aus dem bisherigen Turnierverlauf. „Da gab es schon viele Überraschungen. Die Deutschen haben mich aber natürlich am meisten erfreut.“ Via Internet hat sich Ehrhoff am Rande seiner Einsätze für die Vancouver Canucks in der nordamerikanischen Profiliga NHL über die WM in seiner Heimat auf dem Laufenden gehalten. Nun sind die Canucks in den Play-offs ausgeschieden. Und Christian Ehrhoff live und aktiv bei den Spielen seiner Nationalmannschaft dabei. Bei einem Team, das sich bei einer WM in der Vorrunde so gut präsentiert hat wie lange nicht mehr.

Für einen Nachzügler könnte es schwierig werden, sich in eine so eingespielte Gemeinschaft zu integrieren – muss es aber nicht. „Mein Ziel ist es, mich sofort gut einzubringen“, sagt Ehrhoff. „Was mir dabei hilft, ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft. Die war bei Olympia schon super und sie ist es jetzt wieder.“

Mit dieser Meinung reiht sich der Abwehrspieler in die allgemein vorherrschende Gemütslage im deutschen Lager ein – vor eigenem Publikum scheinen die Deutschen vor allem von ihrem Willen und dem internen Zusammenhalt zu profitieren. Auch Routinier Sven Felski von den Eisbären Berlin sieht „ein Team ohne Stars, in dem jeder für jeden einspringt“. Da mag es sogar von Vorteil sein, dass im Gegensatz zu den Olympischen Spielen in Vancouver die ganz großen deutschen NHL-Namen wie Marco Sturm oder Jochen Hecht nicht am Start sind.

Die WM-Akteure sind größtenteils jung, einige von ihnen waren vor den laufenden Meisterschaften international kaum in Erscheinung getreten. Nun wirkten sie bislang vor allem in der Abwehr, dem Ressort von Ehrhoff, sortiert und aggressiv. Mit ihm erhofft sich Bundestrainer Uwe Krupp nun sogar eine weitere „offensive und defensive Stabilisierung. Er hilft uns in allen Spielsituationen und macht uns zu einer besseren Mannschaft.“ Der Allrounder selbst weiß mit Wertschätzungen dieser Art umzugehen, immerhin hat er sich in der besten Eishockeyliga der Welt durchgesetzt: Von dem Meisterteam der Krefeld Pinguine aus dem Jahr 2003 hatte er der Sprung nach Kalifornien zu den San José Sharks geschafft, bevor er in dieser Saison nach Vancouver wechselte.

Als NHL-Profi schlüpft der starke Offensivverteidiger zusammen mit Marcel Goc automatisch in eine Führungsrolle in der Nationalmannschaft – auch wenn er wegen Reisestrapazen körperlich nicht im Vollbesitz seiner Kräfte sein könnte. Mental dagegen sieht Christian Ehrhoff keinerlei Probleme. „Dass man in einem vollen Stadion mit lauten Fans aufläuft, macht die Sache sehr einfach“, sagt er. „Dadurch ist man von ganz alleine motiviert.“

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