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Sport: Standpunkte statt Standpauke

Jan Ullrich spricht sich mit Teamchef Walter Godefroot aus und will heute in Hamburg gewinnen

Hamburg – Die vergangenen Tage waren für Jan Ullrich angenehm. Jedenfalls wenn er auf dem Rad saß. „Nach der stressigen Tour sind die Tagesrennen fast ein bisschen wie Urlaub für mich“, sagt Ullrich. Urlaub auf dem Rad – denn abseits der Strecken waren die jüngsten Tage weniger gemütlich für Deutschlands beliebtesten Radprofi, nachdem ihm T-Mobile-Teamchef Walter Godefroot angeblich im Vergleich zu Tour-Sieger Lance Armstrong Unprofessionalität vorgeworfen hatte. „Das war schon immer eine schwierige Situation zwischen meinem sportlichen Betreuer und Freund Rudy Pevenage und dem Teamchef Godefroot“, sagt Ullrich dazu.

Gestern setzten sich Teamchef und Mannschaftskapitän dann in Hamburg zusammen – und sagten danach wenig über den Inhalt der Unterredung. „Wir haben gesprochen und unsere Standpunkte dargelegt. Was soll es für Ergebnisse gegeben haben?“, sagte Godefroot. „Die Saison ist doch noch lang. Jan wird weiter für T-Mobile fahren, und wir treffen uns bald wieder“, sagte Godefroot einen Tag vor dem einzigen deutschen Weltcuprennen, den HEW-Cyclassics in Hamburg. Auch Jan Ullrich wollte nichts über den genauen Inhalt des Gesprächs sagen.

Ullrich redet derzeit lieber über andere Dinge als über sein Verhältnis zu Godefroot. Denn verglichen mit dem Stress bei der vor einer Woche zu Ende gegangenen Tour de France waren die Tagesrennen, die Jan Ullrich seitdem gefahren ist, eine Erholung. Und schließlich war der 30-jährige Radprofi erfolgreich: Erst gewann Jan Ullrich das Altstadt-Kriterium in Graz, am Freitagabend trat er gemeinsam mit seinem Freund und Teamkollegen Andreas Klöden beim Kriterium in Hannover an.

Klöden siegte, Jan Ullrich wurde Siebter. „Ich bin in Topform und aus meiner Hamburger Zeit kenne ich vom Training jeden Stein auf der Strecke“, sagte Ullrich, der heute vor einer Million Fans an der Strecke neben Paolo Bettini und dem Weltcup-Führenden Davide Rebellin zu den Favoriten zählt. Ullrich hat sich von den Strapazen bei der Tour offensichtlich gut erholt. Schon jetzt denke er an die Tour de France im kommenden Jahr. Der US-Amerikaner Lance Armstrong sei nicht unschlagbar. Aber: „Es kann mit dem Tour-Sieg nur klappen, wenn ich neue Motivation fürs nächste Jahr schöpfe und versuche, noch mehr und härter zu trainieren“, sagt Jan Ullrich. „Ich muss versuchen, ohne Krankheiten durch den Winter zu kommen. Auf jeden Fall wünsche ich mir, dass Lance Armstrong im nächsten Jahr bei der Tour am Start ist, weil ich will ihn ja noch mal schlagen.“

Jan Ullrich glaubt auch, dass sein Team in der kommenden Saison stärker sein wird als bei der zurückliegenden Tour. Wenn alle Spitzenfahrer bei T-Mobile gesund sind. „Wir hatten dieses Jahr Pech. Die Einstellung stimmt, sonst wäre Matthias Kessler kaum die Etappe mit eingefallener Lunge weitergefahren. Wir haben keinen Streit im Team, auch wenn das die Medien gerne anders sehen.“

Dass der Tourzweite Andreas Klöden in der kommenden Saison im Team T-Mobile die Rolle Jan Ullrichs mit übernimmt, hält der Toursieger von 1997 nicht für realistisch. Mit mehreren „Chefs“ im Team könne man die Tour nicht gewinnen, sagt Ullrich. „Nein, Lance Armstrong macht es uns ja vor. Es geht nur mit einem Kapitän und acht starken Helfern. Das ist einem bewusst geworden, dass es jetzt schon mit der Vorbereitung für die nächste Tour wieder los geht.“ Ganz so weit ist es noch nicht, heute präsentiert sich Jan Ullrich in Hamburg erst einmal den deutschen Fans. Und was die Planungen für die nächste Tour de France betrifft, wird er sich wohl noch öfter mit Walter Godefroot unterhalten müssen.

Heute im Fernsehen:

HEW-Cyclassics in Hamburg, live.

SENDEBEGINN ca. 15.20 Uhr ARD

Patrick Reichelt, Tsp

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