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Sicherheit geht vor. Aber bei den French Open 2016 soll auch der Spaß nicht zu kurz kommen.

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Start der French Open im Tennis: Die Sorge spielt mit

Wie unbeschwert wird der Spaß in den kommenden Wochen in Paris sein? Ein Ausblick auf die French Open, das große Sportereignis vor der Fußball-EM.

Serena Williams rollte genervt mit den Augen und stieß dazu ein wenig gepresste Luft durch die Zähne, um ihre Laune noch zu unterstreichen. „Na endlich“, sagte die 34 Jahre alte Amerikanerin, als sie vor dem Beginn der French Open nach den verbesserten Sicherheitsmaßnahmen in und rund um Roland Garros befragt wurde. „Wenigstens gibt es jetzt etwas mehr Security. Das haben viele Spieler schon lange gefordert. Wir wollen hier schließlich einfach unseren Job machen, unser Leben leben und Spaß haben.“

Doch es bleibt die große Frage, wie unbeschwert der Spaß in den kommenden Wochen in Paris wirklich sein wird. Denn Frankreich steht vor einer Herkulesaufgabe. Die French Open bilden den Auftakt für den großen Sommer der Sportfestspiele mit der Tour de France und natürlich der Fußball-Europameisterschaft als gigantischem Höhepunkt. Doch während sich die Fans auf eine ausgelassene Party freuen, haben die Sicherheitsbehörden schlaflose Nächte. Angesichts der jüngsten Terroranschläge ist das Land in höchster Alarmbereitschaft, auch in Roland Garros wurde kräftig nachgebessert. Und das war dringend nötig.

Immer wieder hatte es beim zweiten Grand Slam der Saison im Pariser Süden eklatante Pannen gegeben. Erst im vergangenen Jahr war ein junger Fan ungehindert auf den Court Philippe Chatrier gelangt, um ein Selfie mit Roger Federer zu machen. Unter den Spielern gab es danach einen Aufschrei, längst nicht zum ersten Mal. Auch Federer war nach dem prekären Vorfall schwer genervt. Schließlich hatte der Schweizer selbst im Mittelpunkt des bisher schlimmsten Zwischenfalls bei den French Open gestanden. Während des Endspiels 2009 war es dem selbst ernannten Aktionskünstler Jimmy Jump mit Leichtigkeit gelungen, auf den Centre Court zu stürmen und Federer eine Baskenmütze aufzusetzen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit war Jump von den Sicherheitskräften gestoppt worden. „So etwas darf einfach nicht passieren“, echauffierte sich Federer. In diesem Jahr fehlt der 17-malige Grand-Slam-Champion und Publikumsliebling jedoch in Paris, erstmals seit 1999 und nach 65 Major-Teilnahmen in Folge. Nach einer Knieoperation im Februar und jüngsten Rückenproblemen fühlt sich der 34-Jährige nicht fit genug für den Höhepunkt der Sandplatzsaison. Stattdessen will Federer „lieber kein Risiko eingehen und für die Rasenturniere wieder in Bestform sein“. So kann der Weltranglistendritte allerdings nicht hautnah miterleben, wie unter der Ägide des neuen Turnierdirektors Guy Forget im Stade Roland Garros buchstäblich aufgerüstet wurde.

Weiträumig um die Anlage am Bois de Boulogne wurde bereits eine erste Sicherheitsabsperrung errichtet. Überall reihen sich Metallzäune entlang der Fußwege und Straßen, die zu den Eingängen führen. Und an jedem Knotenpunkt stehen Wachleute mit Metalldetektoren parat. Niemand ohne Berechtigung wird in den nächsten Sektor vorgelassen.

In diesem Jahr gibt es deutlich mehr Sicherheitspersonal - schon an den Eingängen

Sichtbar mehr Personal ist auch an den Eingängen zu sehen. Taschen werden durchsucht, jeder Besucher wird abgetastet. Bisher waren die Kontrollen eher nonchalant. Vor den Toren checken Polizisten Autos, drinnen patrouillieren sie schwerbewaffnet. Etliche Polizisten haben Spürhunde dabei, die verdächtige Objekte finden sollen. „Wir haben die Anzahl unserer Sicherheitskräfte deutlich erhöht“, ließ die Turnierleitung verlauten, ohne genauere Angaben zu machen. Man spricht jedoch von verdoppeltem Personal. Denn es geht nicht nur im Allgemeinen um die Sicherheit der Spieler, sondern im Besonderen um die der Zuschauer. 425 000 kamen 2015 insgesamt nach Roland Garros, bis zu 35 000 täglich. Und das auf gerade 8,5 Hektar Fläche – bei den anderen drei Grand Slams in Melbourne, London und New York gibt es im Verhältnis mehr als doppelt so viel Platz. Die Anlage platzt aus allen Nähten, die Umbaupläne werden seit Jahren von vielen Störgeräuschen und Rückschlägen begleitet. 2018 hofft man endlich auf ein Happy End. Bis dahin geht das Geschiebe und Gedränge weiter, die Topspieler können sich nur in einer Traube von Security-Mitarbeitern und dennoch mühsam durch den Menschenpulk in der schlauchartigen Anlage fortbewegen.

Aber nicht nur die zu große Tuchfühlung mit den Fans birgt Risiken. Vielmehr sind die Menschenmassen bei einer Großveranstaltung wie den French Open mittlerweile zu einem bevorzugten Ziel von Terroristen geworden. Erst am Donnerstag verlängerte die französische Nationalversammlung den Ausnahmezustand um weitere zwei Monate. Wie auch der Bundesnachrichtendienst warnte der französische Geheimdienst vor weiteren Anschlägen, Frankreich sei das „eindeutig am meisten bedrohte Land“. Patrick Calvar, Chef des Geheimdienstes, sprach von einer neuen Form der Gefahr: „Terroristische Attentate, bei denen Sprengstoff an Orten mit großen Menschenmassen platziert wird.“ Mehrere solcher Anschläge sollen für ein Klima der Panik sorgen, fügte Calvar hinzu.

Die Grande Dame warnt. Serena Williams will in Paris einfach nur ihren Spaß haben. Und mahnt mehr Sicherheit an.
Die Grande Dame warnt. Serena Williams will in Paris einfach nur ihren Spaß haben. Und mahnt mehr Sicherheit an.

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Überall in Paris ist die Polizeipräsenz verschärft worden. Doch das mulmige Gefühl bleibt, so wurde als erste Maßnahme bei den French Open auf das beliebte Public Viewing am Eiffelturm verzichtet. Während der Fußball-EM werden sich dort allerdings bis zu 120 000 Fans vor den Leinwänden einfinden. Die höchstmögliche Sicherheit soll gewährleistet werden, das verspricht Premierminister Manuel Valls. Doch das ist in Zeiten wie diesen wohl bloße Illusion. „Ich denke, die Welt ist momentan ein ziemlich beängstigender Ort, wenn man die Nachrichten hört“, sagt Viktoria Asarenka, die Nummer fünf der Weltrangliste, „aber ich versuche, Sportevents als eine große Party zu sehen und zu hoffen, dass alles gut wird.“

So möchten es auch die anderen Akteure sehen: Die Furcht ausblenden und sich lieber auf den Kampf um den Titel konzentrieren. Rafael Nadal visiert seine zehnte Trophäe in Paris an, Novak Djokovic als großer Favorit seine erste. Serena Williams will endlich ihre Durststrecke bei den Majors beenden. Und Angelique Kerber reiste erstmals als Champion und Melbourne-Siegerin an und lächelt ohnehin alle Sorgen weg. Kurzes Formtief in Rom, Schmerzen in der Schulter, der enorme Druck der Gejagten – alles kein Grund für sie zur Panik. Kerber strahlt einfach. Auch vor dem Auftakt gegen die Niederländerin Kiki Bertens. „Ich bin einfach überglücklich, dass ich als Grand-Slam-Siegerin hier bin“, sagte Kerber, „ich will jeden Moment nur genießen.“ Auch Frankreich hofft – auf unbeschwerte Sommerfestspiele.

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