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Training für die Tour. Alberto Contador übt im Kreise seiner Teamkollegen. Dreimal hat er bislang die Frankreichrundfahrt gewonnen.

© AFP

Start der Tour de France: Das Böse rollt heran

Samstag startet die Tour de France – mit dem dopingverdächtigen Topfavoriten und Vorjahressieger Alberto Contador. Der Spanier gibt sich geläutert – er isst jetzt kein Fleisch mehr.

Berlin - Das Gute und das Böse liegen oft nah beieinander. Fleisch ist ein Stück Lebenskraft, heißt der Werbespruch der Schlachtindustrie seit 1967. Und auch wenn das Wissen um die Massentierhaltung und der Ekel davor zunehmen, bleibt das Fleisch selbst für viele doch gut, nur die Massentierhaltung ist böse. Anders verhält es sich mit Doping und dem Radsport. Da fällt beides zusammen, auch wenn die Zahl der Dopingskandale nicht größer ist als die der Fleischskandale.

So wird es auch Alberto Contador nichts nutzen, dass er jetzt Vegetarier werden will. „Ich esse kein Fleisch mehr. Und so lange sich die Kontrollverfahren mit Blick auf das Clenbuterol nicht ändern, wird es dabei bleiben“, sagte er der spanischen Sportzeitung „Marca“. Der überragende Radprofi dieser Jahre wird also zumindest ein paar Nudeln mehr zu sich nehmen müssen, wenn er zum vierten Mal die Tour de France gewinnen will.

Contador ist bei der am Samstag startenden Frankreich-Rundfahrt erneut Favorit, und weil dem Spanier wegen seiner positiven Proben aus dem Vorjahr und des noch immer laufenden Verfahrens neben der Aberkennung seines Sieges 2010 auch die eines möglichen Erfolgs 2011 droht, wird Doping ein noch präsenteres Thema sein als in den vergangenen Jahren. Dem Erfolg der Tour kann das aber nichts anhaben. Außer in Deutschland.

Zwar können Zuschauer außer im Spartenkanal Eurosport auch bei ARD und ZDF noch dabei sein. Die öffentlich-rechtlichen Sender werden aber nicht müde darauf hinzuweisen, dass sie aufgrund bestehender Lizenzvereinbarungen übertragen müssen, im nächsten Jahr gibt es dann keine Livebilder vom Bösen mehr, versprochen. Zwar sind auch in Frankreich bei Umfragen die Menschen gegen einen Start Contadors, trotzdem erwartet der Veranstalter ASO wieder 15 Millionen Menschen während der drei Wochen an der Strecke. Die Massen strömten auch zu Zeiten des unbeliebten Lance Armstrong, le tour ist eben le tour.

Ob hier aus Begeisterung für den Sport, Ignoranz oder einer Mischung aus beidem anders zwischen Gut und Böse getrennt wird, spielt für das Ergebnis keine Rolle. Schon lange weiß jeder, dass es keine Tour de France ohne Fahrer gibt, die ihrer Leistung nachhelfen. Sonst wäre die Strecke in dem Tempo auch nicht für jeden Teilnehmer zu schaffen, und man kann die Profis für ihre Leistungen bewundern, ob sie nun gedopt sind oder nicht.

Contador erklärt seinen Dopingbefund mit dem Verzehr eines Stücks des mit dem Kälbermastmittel Clenbuterol belasteten Fleischs und ist von seinem nationalen Verband freigesprochen worden. Der Weltradsportverband, der den Fall zuvor noch ganz vertuschen wollte, hat ebenso wie die Welt-Anti-Doping-Agentur Einspruch dagegen eingelegt, verhandelt wird vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas nach einer Verschiebung jetzt erst ab August. So darf Contador starten.

„Ich habe keine Meinung, ob er schuldig ist oder nicht“, sagt der deutsche Profi Tony Martin. „Aber es ist ein schwaches Zeichen, dass kein Urteil vor der Tour gefällt wurde. Die Fans werden verarscht.“ Sicher wäre eine Tour ohne Contador weniger belastet, sie würde aber auch weniger Aufsehen erregen und man weiß nicht, ob der Glaube der meisten deutschen Zuschauer an das Gute in einem konservativen Sinne richtig ist oder vor allem weltfremd. Der 26-jährige Martin hofft jedenfalls auf eine Platzierung unter den ersten Zehn und vielleicht sogar einen Tag im Gelben Trikot. Das würde in Deutschland wahrgenommen.

Matthias Klappenbach

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