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Sport: Steffis Freund würde nur der WM-Titel für die Finalniederlage in Wimbledon versöhnen

Andre Agassi ist auf den WM-Titel programmiert - und das aus gutem Grund. "Nur als Weltmeister kann ich mich als eine würdige Nummer eins fühlen", meint der Branchenführer.

Andre Agassi ist auf den WM-Titel programmiert - und das aus gutem Grund. "Nur als Weltmeister kann ich mich als eine würdige Nummer eins fühlen", meint der Branchenführer. Mit seinem dritten Sieg stürmte er als Erster ins Halbfinale der ATP-Weltmeisterschaft in Hannover. Ohne Satzverlust und vor dem letzten Vorrunden-Spieltag am Freitag. Nach den bedauernswert unterlegenen Nicolas Lapentti (Ecuador) und Pete Sampras (USA) machte Gustavo Kuerten beim 6:4, 7:5 noch die beste Figur. Doch gefährlich werden konnte ihm auch der Brasilianer nicht.

Nicolas Kiefer bekam derweil Schützenhilfe von Todd Martin. In seinem letzten Vorrundenspiel der weißen Gruppe schlug der 29-Jährige Martin überraschend den Schweden Thomas Enqvist mit 6:4, 6:1. Damit stand der Russe Jewgeny Kafelnikow bereits vor dem letzten Match gegen Kiefer als Halbfinalist fest. Kiefer konnte sich selbst eine knappe Dreisatz-Niederlage gegen den Weltranglisten-Zweiten leisten, um in die Vorschlussrunde vorzustoßen (das Spiel war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet).

Der 25 Jahre alte Enqvist verpasste mit einer schwachen Leistung die Chance, aus eigener Kraft ins Halbfinale vorzustoßen. Bei einem Sieg wäre der Weltranglisten-Vierte auf jeden Fall weiter gewesen. Martin zeigte vor 12 000 Zuschauern seine beste Leistung in Hannover. Noch in seinen ersten beiden Matches gegen Kafelnikow und Kiefer hatte der Weltranglisten-Siebente völlig enttäuscht. "Diese Spiele waren peinlich für mich", sagte Martin danach. Die Rehabilitation gelang ihm gegen Enqvist überzeugend.

Aber: Wer soll eigentlich Andre Agassi schlagen? Die frappierende Überlegenheit des 29-Jährigen aus Las Vegas scheint seine Gegner regelrecht zu lähmen. Dabei gibt der Weltranglisten-Erste vor, sich seiner Sache überhaupt nicht so sicher zu sein. "Ich glaube ganz und gar nicht, dass niemand die Chance hat, gegen mich einen Satz zu gewinnen." Was vordergründig wie Bescheidenheit klingt, ist bei näherer Betrachtung alles andere. Denn Agassi weiß um seine Stärke, und er weiß auch, dass man mit nur einem verlorenen Satz noch immer komfortabel gewinnt. Und quasi als Zugabe sagt er: "Ich spiele jetzt besser als im Sommer." Auch nicht gerade ein Ausdruck von Bescheidenheit, wenn man bedenkt, dass er in der angesprochenen Periode die French Open gewann und in Wimbledon im Finale stand. Aber die Niederlage dort, ausgerechnet gegen seinen Dauerrivalen Sampras, wurmt ihn noch mächtig. Selbst der WM-Kantersieg gegen den sechsfachen Wimbledonsieger aus Orlando hat diesen Stachel nicht restlos entfernt.

Erst wenn er morgen auch den Titel holt, wäre Agassi einigermaßen versöhnt. Sogar die Trophäe, die er nach dem Semifinal-Einzug als Weltranglistenerster zum Jahresabschluss in der Nachfolge des sechsfachen Inhabers Sampras bekam, löste keine Euphorie aus. Erst der WM-Triumph würde aus seiner unbestritten besten Saison auch für ihn etwas Besonderes machen.

Dabei könnte Agassi rundum zufrieden sein. Denn besser dürfte es ihm noch nie gegangen sein. Sportlich hat er sich aus den tiefsten Niederungen der Rangliste zurück an die Spitze gekämpft und die Titel und Erfolge nur so abgeräumt. Und privat schwebt er sowieso auf Wolke sieben. Die Unterstützung von Steffi Graf musste er auch in den Tagen von Hannover nicht missen. Das Traumpaar des Welt-Sports war noch immer die Attraktion und, wo immer sie auftauchen, waren die Paparazzi nicht fern. Es spricht für Agassis Professionalität, dass seine Leistung darunter nicht litt und bis Sonntag auch nicht leiden soll. Denn nur dann kann er den zweiten WM-Triumph nach 1990 feiern.

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