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Sport: Steht Hertha auf?

Noch reagiert Berlins Bundesligist gelassen auf die Krise – das kann sich nach dem Spiel in Frankfurt ändern

Berlin. Schon am Freitagmittag rollte der Mannschaftsbus von Hertha BSC über das Frankfurter Flughafengelände. Vier Stunden später trainierten die Berliner ein letztes Mal in Ruhe auf einem Sportplatz am Frankfurter Stadtrand. Wenn sie am heutigen Nachmittag um 15.30 Uhr bei der Eintracht antreten, dann ist die Mannschaft vielleicht eines: entspannter als in den Tagen zuvor.

In Berlin ist die Unruhe um Hertha BSC weitaus größer – bei den Fans und der Boulevardpresse. Schließlich sind die Erwartungen an das Team hoch. Aber die Bilanz der ersten drei Saisonwochen liest sich nun mal so: drei Spiele, kein Sieg, kein Tor. Da kann man schon mal in Panik verfallen. Hertha aber geht mit dieser Krise durchaus gelassen um, die Verantwortlichen des Klubs halten sich in der Öffentlichkeit zurück. Von Dieter Hoeneß ist auffällig wenig zu hören, und wenn Herthas Manager doch etwas sagt, ist sein Ton ruhig, aber deutlich. „Ich warne jeden, der glaubt, das Spiel in Frankfurt werde ein Selbstläufer.“ Das ist seine Art, Druck auszuüben. Indirekt eben.

Das Auftreten in der Öffentlichkeit nach Herthas 0:0 gegen Freiburg am vergangenen Wochenende scheint intern gut abgestimmt. Was in anderen Zeiten schon mal anders war. Trainer Huub Stevens reagiert trotz des steigenden Drucks entspannt, er lacht und nimmt sich bei den täglichen Pressekonferenzen Zeit. Nur einmal ist er in der vergangenen Woche laut geworden, am Mittwoch war das, als Alexander Ludwig eine zu lasche Arbeitseinstellung zeigte.

Ansonsten fallen keine bösen Worte über Spieler, keine über den Trainer, keine über Hoeneß. Zumindest werden sie nicht an die Öffentlichkeit getragen. Als nach dem 0:0 gegen Freiburg vom Boulevard die Rückkehr von Michael Preetz als Stürmer gefordert wurde, ging dieser am nächsten Tag gar nicht erst ans Telefon. Hoeneß hat Preetz’ Schweigen als professionellen Vertrauensbeweis wahrgenommen. Die Diskussion war beendet, bevor sie wirklich begonnen hatte.

Natürlich bietet Hertha BSC auch Angriffsflächen, aber noch sind es wenige. Als nach dem Spiel gegen Freiburg die Fans „Stevens raus!“ riefen, ließ sich am Abend ein leitender Angestellter Herthas auf einer privaten Geburtstagsparty zu dem Satz hinreißen: „Ich gebe Stevens noch zehn Tage.“

Hoeneß lässt solche Diskussionen gar nicht erst aufkommen, weder intern noch in der Öffentlichkeit. Er stellte sich demonstrativ vor seinen Trainer. Das war der einzige aktive Part des Managers in dieser Woche. Dass seine Personalie eng mit der von Huub Stevens verbunden ist, spielt dabei eine große Rolle. Denn Hoeneß’ vehemente Verteidigung führte nicht nur zum Diskussionsende um Trainer Stevens, sondern bewahrte auch den Manager selbst vor Kritik.

Zu behaupten, dass bei Hertha alles schief laufe, wäre zu dem jetzigen Zeitpunkt wohl falsch. Noch tritt der Klub als Kollektiv auf. Zwar wird Arne Friedrich trotz der sportlich guten Entwicklung intern schon mal vorgeworfen, dass er menschlich so seine Probleme habe mit all dem Erfolg. Die Kritik aber bleibt intern und wird bislang nicht über die Öffentlichkeit ausgetragen. Doch das kann sich schnell ändern. Sollte Fredi Bobic nicht bald ins Tor treffen, wird er eine der ersten Personalien sein, die in die Kritik geraten. Nicht nur in der Öffentlichkeit.

André Görke

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