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STEIL Pass: Fragwürdige Traditionen

Stefan Hermanns über die planlose Trainerpersonalpolitik der Bundesliga

Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass der deutsche Fußball im internationalen Vergleich eine Art Spezialfall darstellt: gefangen in fragwürdigen Traditionen, abgehängt von der Moderne und sowieso ein bisschen seltsam. Zu den verabscheuungswürdigsten Eigenheiten zählt der Umgang der Vereine mit ihren Trainern. Man kann gar nicht genau benennen, was schlimmer ist: der Hang zu schnellen Entlassungen oder die Ideenlosigkeit der Vereine bei der Neubesetzung freier Stellen, mit der die nächste vorschnelle Entlassung schon vorweggenommen wird.

Es ist bemerkenswert, mit wie wenig Plan im deutschen Fußball die Trainerposten vergeben werden. Nirgendwo gibt sich die Bundesliga konservativer als bei der Auswahl ihrer leitenden Angestellten: Man nimmt den, den man kennt, also den, der schon einmal in der Bundesliga gearbeitet hat. Um seine berufliche Zukunft muss sich ein gestandener Bundesliga-Trainer erst dann sorgen, wenn er am Ende einer langen Reihe von Arbeitgebern beim VfL Wolfsburg landet. Danach kommt in der Regel nur noch das Nirwana, die Türkei also, Griechenland oder Serbien.

In der Bundesliga gibt es derzeit zwei prominente Ausnahmen von dieser traurigen Praxis: Armin Veh beim VfB Stuttgart und Lucien Favre bei Hertha BSC. In beiden Fällen ist den Klubs großer Mut bescheinigt worden, als sie die vermeintlich Namenlosen verpflichtet haben. Was für eine Arroganz! Veh und Favre waren nicht namenlos, sie hatten nur in der Bundesliga noch keinen Namen, aber das muss kein Nachteil sein, solange Trainer wie Ewald Lienen und Peter Neururer in der Bundesliga als namhaft gelten.

Als Veh am Ende der vorigen Saison für seine Erfolge mit dem VfB ausschweifend gefeiert wurde, hat er völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass er schon vor seiner Stuttgarter Zeit erfolgreich als Trainer gearbeitet hat: mit Reutlingen und Fürth in der Regionalliga. Man kann darüber lachen, genauso über Favres Meistertitel in der kleinen Schweiz. Aber entscheidend ist nicht die Liga. Entscheidend ist, dass Veh und Favre als Trainer Mannschaften geformt haben, die besser waren als ihre Konkurrenz. Armin Veh hat das sogar schon in der Bundesliga geschafft.

Stefan Hermanns schreibt an dieser Stelle im Wechsel mit Philipp Köster.

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