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STEILPASS Ausland: Ein Kopf wie ein Schwert

Dominik Bardow darüber, wie die Frisuren von Fußballern uns prägen.

Wer diese Kolumne genau verfolgt, dem wird aufgefallen sein: Ich habe einen neuen Kopf. Der Bart ist kürzer, die Frisur schnittiger, das wollte ich den Lesern nicht vorenthalten. Für mich gehört so etwas zu journalistischer Transparenz. Man könnte dazu auch Eitelkeit sagen, aber genau die gehört ja gerade elementar zum Fußball dazu.

Wer mir das nicht glaubt, der sehe sich bitte Bilder vom Champions-League-Spiel AC Mailand gegen FC Barcelona an. Ich habe es getan und war fasziniert von der Hahnenparade der italienischen Spieler: Irokesenstreifen türmten sich da bis zum Flutlicht des San Siro, Sterne strahlten auf rasierten Schädeln und Haarreifen hielten Highlights, ein Jahrhundertmatch der Eitelkeiten. Auch Barcelona machte da mit, in gelb-orangenen Trikots, so bunt wie Calippo-Eis, das wir als Kinder lutschten, als wir noch die Frisur von Leo Messi hatten, also keine.

Ich habe früher atemlos Kicker-Sonderhefte nach der Vokuhila von Mike Werner durchsucht, der Afrika-Cup im Januar war ein leuchtendes Fest für mich. Frisuren prägen, auch ein einziges Haar wirft einen Schatten. Wären Günter Netzer und Paul Breitner etwa als Revoluzzer-Ikonen der Siebziger durchgegangen, ohne wilde Köpfe? Wären der Siegeszug von Schnauz und Vokuhila ohne Profifußball denkbar und umgekehrt? Cristiano Ronaldo und Mario Gomez ohne Haargel?

Eine Frisur verrät nicht, wer ein Mensch ist, aber wer er gern sein würde. Ich wäre gerne Milans Stephan El Shaarawy: unten kurz, oben lang, ein Kopf wie ein Schwert. Ich würde jeden Ball und jedes Wort treffen, keine Haarspalterei mehr. Warum? Damit Sie irgendwann atemlos diese Zeitung durchsuchen, nach meinem neuen Kopf.

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