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Steilpass: Ein Lob der Akribie

Stefan Hermanns über seinen Neid auf den Kollegen Rolf Töpperwien, der alles über Fußball weiß.

Manchmal wünschte ich mir, ich wäre Rolf Töpperwien. Rolf Töpperwien weiß alles über Fußball, wirklich alles! Ich kenne wahrscheinlich nicht mal alle Bundesliga-Schiedsrichter mit Namen, Töpperwien hat alle relevanten Daten auf Lager: Schuhgröße, Hobbys, Heimatvereine. Christian Dingert? Diplom-Verwaltungswirt von der TSG Burg Lichtenberg!

Dem Kollegen vom ZDF ist in Sachen Fußball eine Akribie zu eigen, die selbst mich befremdet. Ich erinnere mich noch an einen Spielbericht aus dem Aktuellen Sportstudio, der mit den Worten eingeleitet wurde, dies sei der 1000. des Kollegen T. Wer zählt so was nach? Wahrscheinlich könnte Töpperwien auch sofort sagen, welches Spiel er am 28. April 1979 gesehen hat, wie es ausgegangen ist und welchen Beruf die Freundin des Siegtorschützen damals ausgeübt hat.

Das Gehirn eines Fußballfans ist ein seltsamer Geselle. Ich weiß zum Beispiel noch, dass Borussia Mönchengladbach 1978 am vorletzten Spieltag 6:2 beim HSV gewonnen hat; aber wie Hertha vorige Saison in Dortmund gespielt hat? Keine Ahnung! Vielleicht liegt das daran, dass die Kapazität des Gehirns begrenzt ist, neue Informationen nur noch im Zwischenspeicher abgelegt werden und nach bestimmter Zeit automatisch gelöscht werden. Seltsam wird es allerdings, wenn man glaubt, bei einem Spiel gewesen zu sein, bei dem man nachweislich nicht im Stadion war. Mir ist das mit dem Uefa-Cup- Spiel zwischen Bremen und dem AC Mailand so ergangen. Ich sehe mich noch auf der Tribüne des Weserstadions sitzen und Ronaldinho ein paar Meter vor mir zum Einwurf antreten. Nachträgliche Recherchen haben ergeben: Ich war gar nicht im Stadion.

Was man davon halten soll, weiß ich nicht. Was ich ganz sicher weiß: Rolf Töpperwien wäre so was bestimmt nicht passiert.

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