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STEILPASS Inland: Pappbecher und Polohemd Stefan Hermanns wehrt sich dagegen, als Fan nur Staffage zu sein

In religiösen und anderen metaphysischen Fragen bin ich sehr tolerant. Bei mir darf jeder glauben, was er will.

In religiösen und anderen metaphysischen Fragen bin ich sehr tolerant. Bei mir darf jeder glauben, was er will. Mir steht es nicht zu, mich über andere zu erheben. Ich selbst nämlich glaube derzeit an mein schwarzes Polohemd.

Das Hemd habe ich zum ersten Mal im Frühjahr getragen, bei einem 5:1 gegen den Erzrivalen, und seitdem hat meine Mannschaft quasi nicht mehr verloren. Quasi, weil es bei der Niederlage in Mainz einfach zu kalt war für ein Polohemd und ich neulich, vor dem Spiel in Schalke, den schweren Fehler begangen habe, morgens zuerst ein anderes Hemd anzuziehen. Diese Gedankenlosigkeit wurde mit einem 0:1 gnadenlos bestraft.

Wir Fußballfans sind so. Wir wehren uns mit aller Macht dagegen, bloße Staffage zu sein. Wir sind Teil des Ganzen, auch wir können den Lauf der Dinge beeinflussen, manchmal allein durch die Kraft unserer Gedanken. Ein Kollege vom Fernsehen hat in der höchsten Not des Abstiegskampfs auf die Macht eines ausgelutschten Pappbechers vertraut, aus dem er beim überraschenden Sieg gegen den Meister in der Halbzeit seinen Kaffee getrunken hatte. Der Becher musste fortan bei jedem Spiel dabei sein, wurde in der Pause neu befüllt, und obwohl er von Mal zu Mal seiner eigentlichen Bestimmung immer weniger gerecht werden konnte, hat er seinen heiligen Zweck am Ende erfüllt.

Mein schwarzes Polohemd ist mit der Zeit auch schon ganz grau geworden, weil es nach jedem Spieltag, auch aus Rücksicht auf meine Umgebung, frisch gewaschen wird. Apropos, da fällt mir was ein ...

Stefan Hermanns schreibt an dieser Stelle über deutschen Fußball. Dirk Gieselmann beschäftigt sich in seiner Kolumne mit den Fans und Dominik Bardow hat einen Blick auf den Fußball im Ausland.

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