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Sport: Steinbach gerät unter Druck

Kritik am NOK-Chef nach Leipzigs Olympia-Aus

Berlin - Horst Meyer ist viel unterwegs. Der frühere Ruder-Olympiasieger versucht, als Unternehmensberater jene Kunden zurückzugewinnen, die er vergangenes Jahr vernachlässigt hat. Da war Meyer Geschäftsführer der Hamburger Olympiagesellschaft, die sich um die Spiele 2012 bewarb – und gegen Leipzig verlor. Nun, nach Leipzigs Aus beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), macht Meyer seine Enttäuschung öffentlich. „National wurde emotional entschieden, rational war Leipzig eine Fehlentscheidung“, sagte Meyer dem Tagesspiegel. „Der Eindruck verfestigt sich, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging.“ Das Nationale Olympische Komitee (NOK), zuständig für die deutsche Vorauswahl, müsse „für Aufklärung sorgen“.

Am Freitag trifft sich das NOK-Präsidium in Berlin. Dann soll die Aufarbeitung beginnen, hat NOK-Chef Klaus Steinbach angekündigt. Die Kritik an Steinbach wird indes heftiger. Auch Stuttgart und Düsseldorf fordern Konsequenzen. „Dass eine deutsche Stadt international so früh scheitert, ist eine Blamage“, sagte Nordrhein-Westfalens Sportminister Michael Vesper (Grüne) auf Nachfrage. „Das NOK hat die nationale Prüfung der Städte offenbar nicht anhand der IOC-Kriterien durchgeführt.“ In einem Evaluierungsbericht hatte das NOK Leipzig bei Infrastruktur und Hotelkapazitäten gute Noten ausgestellt. Das IOC aber hatte diese Punkte bemängelt und festgestellt, Leipzig sei für Olympia zu klein. Dieter Graf Landsberg-Velen, Vizepräsident des NOK und Leiter der Evaluierung, ficht das nicht an. Er sagt: „Nicht beim NOK, sondern beim IOC ist gemauschelt worden.“

Das deutsche Debakel ruft die Politik auf den Plan. SPD-Sportexpertin Dagmar Freitag fordert offene Worte im NOK. Im Winter hatte sich ihre Partei noch hinter Leipzigs Pläne gestellt. Der grüne Abgeordnete Winfried Hermann sagt: „Alle müssen sich hinterfragen.“ Und der Chef des Deutschen Sportbundes (DSB), Manfred von Richthofen, beharrt darauf, das NOK solle „seinen Evaluierungsbericht kritisch unter die Lupe nehmen“.

Zwischen beiden Sportverbänden ist die Stimmung schlecht. Das NOK sucht einen neuen Abteilungsleiter für Leistungssport – die gemeinsame Leistungssport- Kommission von NOK und DSB wusste das nicht. DSB-Leistungssportchef Ulrich Feldhoff will das nun thematisieren, in der DSB-Zentrale spricht man von einem „Politikum“. Das Gerücht, Steinbachs Referent Patrick Ries wolle den Posten besetzen, dementierte dieser. „Ich habe keine Absichten“, sagte Ries am Dienstag. Die Verärgerung verringert das kaum. Im DSB ist man noch verstimmt über Steinbachs Pläne, das NOK nach Berlin umzusiedeln und dem EU-Büro des deutschen Sports in Brüssel Mittel zu kürzen.

Eine Alternative zu Steinbach sehen Sportpolitiker aber nicht. „Lassen Sie uns die Olympischen Spiele in Athen abwarten“, sagt ein hochrangiger Funktionär. Chef de Mission der deutschen Olympia-Mannschaft ist Klaus Steinbach.

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