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Steven Gerrard: Der alte Mann findet die Liebe

Steven Gerrard begeistert sich in Liverpool an den Fußballkünsten seines spanischen Mannschaftskameraden Fernando Torres.

Es ist nicht lange her, da trug Steven Gerrard immer einen Schuss Trauer mit sich. Der Junge aus dem Arbeiterviertel Huyton machte auf dem Platz stets einen leicht gequälten Eindruck; selbst nach dem unvergesslichen Champions-League-Sieg in Istanbul 2005 – sein FC Liverpool war nach der Pause nach einem 0:3 zurück ins Spiel gekommen – stocherte Gerrard in der Hotel-Lobby missmutig in einem Kuchen, während die Kollegen im Ballsaal feierten. In der Nationalmannschaft musste er oft für Chelseas Frank Lampard den Abräumer vor der Abwehr geben oder auf die Außenpositionen ausweichen, und auch von seinem Vereinstrainer Rafael Benítez fühlte er sich chronisch missverstanden. Der spanische Technokrat bevorzugt die absolute Planungssicherheit im zentralen Mittelfeld; für den gern übereifrigen Gerrard blieb trotz seiner Torgefährlichkeit meist nur an der Peripherie Platz.

Der Gerrard von 2009 aber ist ein völlig anderer. Aufgeräumt. Reif. In sich ruhend. Ja, sogar: glücklich.

Ein junger Spanier hat ihm, dem ewig Verbissenen, das Herz geöffnet. „Ich liebe es, mit Fernando Torres zu spielen“, sagt Gerrard, „und er liebt es, mit mir zu spielen.“ Wie sehr, sah man beim denkwürdigen 4:0-Achtelfinalsieg gegen Real Madrid: Elf „Königliche“ konnten dem dynamischen, intuitiven Zusammenspiel der beiden Roten nur zusehen. Es ist eine fußballerische Traumbeziehung: Ihr Geheimnis ist, dass jeder der beiden – vor allem Gerrard – erst in der Zweisamkeit ganz er selbst sein darf. Seit Torres auf der Insel die Verteidiger verrückt macht, hat Gerrard, der rastlose Pendler zwischen den Strafräumen, eine freie, doppelt abgesicherte Rolle in der Offensive inne. „Im Zeitalter der einzigen Spitze bilden Gerrard und Torres das perfekte Angriffsduo“, schwärmte die „Sunday Times“, „ihre schnellen Kombinationen und aufregenden Positionswechsel stehen für die Essenz des modernen Fußballs.“ Gerrard hat hinter dem 24 Jahre alten Torres unbegrenzt An- und Auslauf, er kann jetzt wie Lothar Matthäus in besten Zeiten in jeder Partie alles sein: Stürmer, Ballverteiler und Zweikämpfer.

„Liverpool, das sind Gerrard plus zehn andere“, sagt Torres staunend. „Torres ist unser Schlüsselspieler“, sagt Gerrard. Im elften Jahr als Profi gelingt ihm nahezu alles – in dieser Saison schon 21 Tore. Nun hat Gerrard seinen Vertrag vorzeitig bis 2013 verlängert, er soll jetzt mehr als acht Millionen Euro jährlich verdienen. „Die Verhandlungen waren einfach“, sagte Trainer Benítez, „er will sein Leben lang hier spielen.“ Gerrard war bei der freudigen Verkündung nicht persönlich anwesend – er musste sich vor Gericht wegen einer Schlägerei in einer Disko verantworten. Die Verhandlung wurde auf Juli vertagt. In der Zwischenzeit bleibt Gerrard, zum Pech von Chelsea, auf freiem Fuß.

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