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1:1 nach zwei Kämpfen. Am Samstag treffen sich Abraham (rechts) und Stieglitz ein drittes Mal.

© Imago

Stieglitz gegen Abraham: In der Höhle der Katze

Die Boxer Robert Stieglitz und Arthur Abraham treffen sich in Magdeburg zum entscheidenden WM-Kampf. Es ist das Duell des schlagstarken Zuwanderers aus Armenien (Abraham) mit dem konditionsstarken Heimkehrer aus Russland (Stieglitz).

Vom offiziellen Motto zu seinem 43. Profikampf ist Arthur Abraham wenig begeistert. Der zweifache Ex-Champion aus Berlin will sich in Magdeburg eben nicht wie „in der Höhle des Löwen“ fühlen, wie er betont, sondern „in der Höhle der Katze“ – als würde er diesen Samstag mit einem pusseligen Haustier spielen. Außerdem sei er längst in jedem Ring der Welt zu Hause. Worum sich also Sorgen machen?

Preisboxer müssen so reden, wenn sie öffentlich Selbstvertrauen ausstrahlen wollen. Wie im Wohnzimmer hat sich der 34-jährige Profi vor knapp einem Jahr an gleicher Stelle jedoch nicht präsentiert. Da unterlag Abraham nach drei einseitigen Runden dem Lokalhelden Robert Stieglitz, der ihn in eine bedingungslose Materialschlacht verwickelte. Bis er mit geschlossenem Auge eingangs des vierten Durchgangs passen musste.

Es war die spektakuläre Revanche für eine klare Punktniederlage, die der Sieger im August 2012 in Berlin bei der ersten Begegnung zwischen beiden einstecken musste. Und damit die Vorlage für ein perfektes „Rubber Match“, wie man den dritten Vergleich im amerikanischen Box-Sprech nennt. Irgendwie muss schließlich mal geklärt werden, welches Alpha-Tier das dominantere ist – und wer das Haustier.

Der schlagstarke Zuwanderer aus Armenien (Abraham) gegen den konditionsstarken Heimkehrer aus Russland (Stieglitz): Vielleicht wird die Fehde ja in die deutsche Geschichte des Showsports eingehen, ähnlich wie in den Fünfzigern die Dortmunder Trilogie zwischen Albert Westphal und Hein ten Hoff. Das ist die Hoffnung der Fans, die zum Termin in die ausverkaufte Arena wie in acht deutsche Kinos strömen werden, wo der Kampf auf Leinwand übertragen wird.

„Das ist Champions League“, begeistert sich Jung-Promoter Kalle Sauerland im Namen des gleichnamigen Berliner Boxstalls, der Abraham zum Weltmeister entwickelt hat. Doch nicht sein Haussender ARD, sondern Sat 1 wird das bereits zum Kampf des Jahres erklärte Duell übertragen. Er und die SES Boxing aus Magdeburg hatten im Dezember gut 3,1 Mio. Dollar und damit deutlich mehr geboten, um die Rechte an der Veranstaltung zu ersteigern. Dem ersten Sieg für die Ecke des Champions soll nun ein zweiter folgen.

Für viele Fachleute und Fans scheint offenbar festzustehen, dass der einst unerschütterliche Abraham jetzt durch ist. Das ist der letzte Eindruck, den er gegen Stieglitz sowie in zwei matten Aufbaukämpfen hinterlassen hat. Vom unbedingten Willen, die Gegner mit brachialen Schlägen zu zerstören, war da wenig zu spüren. Also ist der Herausforderer in der Bringschuld. „Es ist alles oder nichts“, sagt Abraham, der physisch so fit wie lange nicht wirkt.

Der gebürtige Armenier (38 Siege, 4 Niederlagen) soll zwischen Berlin und Eriwan tausend Geschäfte jenseits des Rings unterhalten. Auch das hat dazu beigetragen, dass sein Erzrivale unverbrauchter erscheint. Dabei schneidet Stieglitz im direkten Vergleich durchweg schlechter ab. Er hat seine Profikarriere zweieinhalb Jahre früher begonnen, hat sieben Kämpfe und 37 Runden mehr auf dem Tacho, und seine Quote an vorzeitigen Siegen (53 Prozent) nimmt sich neben der Abrahams (66,7) bescheiden aus.

Der 50. Profikampf des 32-jährigen Deutsch-Russen (46 Siege, 3 Niederlagen) wird eventuell also doch nicht so einfach. Wenn sein Gegner auch diesmal verlieren sollte, dürfte dessen Laufbahn im Ring vorüber sein. Und noch einmal werden sich Abraham und sein ehrgeiziger Trainerfuchs Ulli Wegner nicht durch einen Blitzangriff überraschen lassen. Hier der 71-jährige Routinier, dort der 41-jährige Stieglitz-Coach Dirk Dzemski: Da wird noch ein zweites Prestigeduell neu ausgetragen.

Bertram Job

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