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Teuer erkaufter Triumph. Stürmer Falcao hat Athletico Madrid zu Titeln geschossen. Doch sein Verein hat sich verschuldet. Die Uefa hat nun Prämienzahlungen eingestellt.

© dapd

Strafe gegen verschuldete Klubs: Champions League ohne Champions

Erstmals bestraft die Uefa hoch verschuldete Klubs. Künftig sollen Teams sogar aus Wettbewerben ausgeschlossen werden. Doch wie realistisch ist das Vorhaben? Eine Analyse.

Schuld war der Tiger. Radamel Falcao, genannt „El Tigre“, wechselte vor gut einem Jahr für eine Ablöse von 40 Millionen Euro vom FC Porto zu Atletico Madrid. Ein hoher, aber gemessen an internationalen Standards, gerechtfertigter Preis. Dann sicherte der Stürmer Atletico erst den Europa-League-Titel und kürzlich den europäischen Supercup. Auf die finanzielle Belohnung für ihre Titel werden die Spanier aber noch warten müssen. Atletico gehört zu den 23 Klubs, denen die Europäische Fußball-Union (Uefa) in der vorigen Woche die Prämien versagte, weil sie die Abgabe von Steuern und Sozialbeiträgen nicht allzu ernst nahmen. Unter anderem sind auch Sporting Lissabon, der FC Malaga und Fenerbahce Istanbul davon betroffen. Bis zum 30. September haben die Vereine nun Zeit, ihre Verbindlichkeiten zu bezahlen, sonst behält die Uefa alle Gelder ein, die die Klubs ab der kommenden Woche in den internationalen Wettbewerben erspielen.

Am Dienstag startet die Champions League, am Donnerstag die Europa League in eine neue Spielzeit. In der Champions League wird Paris Saint Germain nach vielen Jahren mal wieder dabei sein. Die Franzosen sorgten im Sommer für Aufsehen, als sie für 147 Millionen Euro neue Spieler verpflichteten, darunter Zlatan Ibrahimovic vom AC Mailand. Möglich machte dies eine Investorengruppe aus Katar, die seit 2011 bei Paris das Sagen hat.

Die einbehaltenen Prämien der 23 Klubs sind auch als Reaktion auf die Pariser Investitionswut zu verstehen. Aus Sorge, dass der Abstand zwischen Arm und Reich immer größer wird, erwartet die Uefa in Zukunft von ihren Vereinen „Financial Fairplay“. Die finanzielle Balance im europäischen Fußball soll gewahrt werden, Ausgaben und Einnahmen müssen in Einklang stehen. Das war bei Atletico Madrid nicht der Fall. Der Europa-League-Sieger schuldet allein dem Finanzamt 155 Millionen Euro. Das Geld, das in Falcao investiert wurde, hätte eigentlich für die Tilgung der Verbindlichkeiten eingesetzt werden müssen. Auch deshalb wurde Atletico von der Uefa angezählt.

Zur Saison 2014/15 will der Verband eine solche Misswirtschaft noch härter bestrafen. Dann sollen Klubs vom Europacup ausgeschlossen werden, wenn sie sich extrem verschulden. So will es Uefa-Präsident Michel Platini. „Wer sich nicht an die Regeln hält, wird Schwierigkeiten bekommen“, sagte der Franzose jüngst. Ab der kommenden Saison werden erstmalig die Bilanzen der Vereine geprüft. In den von da an folgenden drei Spielzeiten sind nur noch Defizite von 45 Millionen Dollar erlaubt. Diese Summe soll anschließend weiter reduziert werden.

Karl-Heinz Rummenigge gehört in dieser Frage zu den größten Unterstützern Platinis. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München erhofft sich dadurch mehr Chancengleichheit unter den europäischen Klubs. Zumindest offiziell. Insgeheim dürfte Rummenigge darauf abzielen, mithilfe des Financial Fairplays den FC Bayern wieder an Europas Spitze zu führen. Sollte die Finanzregelung strikt umgesetzt werden, dürften die Bundesligisten die größten Gewinner sein. In Deutschland wird im Vergleich zu Spanien, Italien oder England seriöser gewirtschaftet. Sportlichen Erfolg bringt das aber nicht. Seitdem der FC Bayern als letzte deutsche Mannschaft vor elf Jahren einen internationalen Titel holte, wird vor allem die finanzielle Kluft zu den Teams aus den anderen großen Ligen als Grund für den Misserfolg angeführt. Zum Vergleich: Die Bundesliga bekommt pro Saison 628 Millionen Euro Fernsehgeld, die englische Premier League 2,16 Milliarden. Solche Unterschiede würden sich relativieren, wenn die Vereine gezwungen sind, ihre Einnahmen nicht ausschließlich in teures Personal, sondern auch in den Schuldenabbau zu investieren.

Nach jetzigem Stand hätten etwa der FC Chelsea oder Manchester City in drei Jahren große Probleme, einem Ausschluss aus der Champions League zu entgehen. Beide werden von Mäzenen finanziert, die wirtschaftliche Verluste mit ihrem Privatvermögen ausgleichen. Gleiches gilt für den AC und Inter Mailand. Bei Real Madrid und dem FC Barcelona verhält sich das anders, aber auch sie schleppen Schulden im dreistelligen Millionenbereich mit sich herum. Die spanischen Großklubs hätten ebenfalls Probleme bei der Lizenzvergabe.

Aber ist eine Champions League ohne Real, Barça oder Chelsea überhaupt vorstellbar? Sind sie es nicht, die mit ihren teuren Stars dem Wettbewerb erst Glanz verleihen? Was würden Zuschauer und Sponsoren sagen, wenn Lionel Messi und Cristiano Ronaldo unter der Woche zuschauen müssten? Die Uefa würde ihr Premiumprodukt schwächen, es unattraktiv machen. Realistischer ist daher, dass es entweder Ausnahmeregelungen geben wird oder die Vereine versuchen, die Regularien irgendwie zu umgehen.

Verfolgen lässt sich dies bereits in den großen US-Ligen beim Basketball, Football, Baseball oder Eishockey. Dort gibt es Gehaltsobergrenzen, ähnlich wie die von der Uefa beabsichtigte Verschuldungsgrenze. Den amerikanischen Teams scheint der Reichtum an Ideen nicht auszugehen, wenn es ums Umschiffen von Regeln geht. Vor allem im Eishockey sind Verträge mit fünfzehn oder mehr Jahren Laufzeit beliebt, so lässt sich das üppige Gehalt besser auf die Jahre verteilen. Dass die Spieler bei Vertragsende oft um die fünfzig Jahre alt und längst zurückgetreten sind, spielt dabei keine Rolle. Das Geld haben sie in den Jahren zuvor kassiert.

Beim Fußball würden sich ebenfalls genügend Schlupflöcher finden lassen. Bei Vereinen, die von Mäzenen unterhalten werden, lassen sich die Zuwendungen nicht immer leicht auseinanderhalten. Bei Manchester City etwa ist eine Fluggesellschaft aus Abu Dhabi Hauptsponsor, die von dem Halbbruder des Vereinseigentümers geführt wird. Der „Sponsor“ zahlt City für zehn Jahre mehr als 400 Millionen Euro, 40 Millionen jährlich. Zum Vergleich: Der FC Bayern bekommt mit 23 Millionen Euro gerade mal etwas mehr als die Hälfte – und die Münchener sind in der Bundesliga mit weitem Abstand führend.

Wie die Uefa solche Modelle verhindern will, ist derzeit unklar. Zu den 23 verwarnten Klubs zählten die Engländer nicht, trotz 228 Millionen Euro Verlust im vergangenen Geschäftsjahr. Auf der Liste tauchten vor allem Vereine aus Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Rumänien und Malta auf.

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