zum Hauptinhalt

Streit mit Werder: Ivan Klasnic: „Ich hätte sterben können"

Ivan Klasnic wirft Werder Bremens Ärzten Fehler vor – am Freitag treffen sich Spieler und Verein vor Gericht.

Es ist anzunehmen, dass etliche Prozesszuschauer den großen Strafkammersaal des Bremer Landgerichts heute mit einem grünen Trikot betreten. Zwar nicht im aktuellsten Modell des Fußball-Bundesligisten, dafür aber mit der Nummer 17 auf dem Rücken. Und mit dem Namen „Klasnic“ drauf. Noch immer ist Ivan Klasnic, Profi bei Werder Bremen zwischen 2001 und 2008, in der Hansestadt ein Idol. Schulterklopfer hat kaum einer so viele wie er. Spitz- und Rufname: Ivan. Oder „der Killer“. Weil kaum einer so kaltschnäuzig den Ball aus dem Nichts über die Linie bugsierte, wie der in Hamburg geborene Kroate. Dass Torjäger wie Ailton oder Miroslav Klose an der Weser groß rauskamen, war auch immer sein Verdienst: Klasnic war ihr kongenialer Nebenmann. Und für die Fans ist er bis heute ein Hauptdarsteller.

Nun tritt er in einer anderen Rolle auf: Als einer, der seinen alten Arbeitgeber vor Gericht zerrt, der alle Vergleichsversuche hat platzen lassen. „Ich will Klarheit, wer Fehler mit meiner Gesundheit gemacht hat“, sagt Klasnic, „es geht mir nicht um die Entschädigung.“ Allerdings klagt er auf 1,427 Millionen Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld, weil er glaubt, dass seine erst im zweiten Versuch erfolgreiche Nierentransplantation grundsätzlich zu verhindern gewesen wäre. Wenn man ihn richtig behandelt hätte. Wenn man seine Blutwerte nicht falsch gedeutet hätte. Wenn man ihm nicht so viele nierenschädliche Schmerzmittel verabreicht hätte. Seine Ehefrau Patricia, die im Hintergrund als treibende Kraft gilt, sagt sinngemäß, ihr werde heute noch schlecht, wenn sie die Tablettenmengen betrachte, mit denen Klasnic vor allem den Wirkstoff Diclofenac zu sich nahm. „Ich habe Medikamente geschluckt wie ein Junkie“, gab er einmal zu.

Heute um 10 Uhr tritt der Kläger vor der dritten Zivilkammer Werders Mannschaftsarzt Dr. Götz Dimanski gegenüber – sofern der rechtzeitig von Werders Europapokalspiel in Udine zurück ist. Auch die Internistin Manju Guha ist verklagt. Der Alltag für den lebensfrohen Profifußballer, der als Stimmungskanone und Scherzbold galt, hat sich dramatisch verändert. Nichts ist mehr so unbeschwert wie einst, als Klasnic für Werder spielte.

Jetzt lebt er in Nantes, und von den meisten Gegenspielern in der französischen Ligue 1 hatte er zuvor noch nie gehört. Immerhin: Beim FC Nantes hat Klasnic in 24 Spielen fünf Tore erzielt, doch wirklich glücklich wirkt er nicht. Auffällig oft ist er in Bremen gewesen – nicht nur, um sich routinemäßig untersuchen zu lassen. Auch bei Werder-Heimspielen schaute er zuletzt vorbei.

Doch sein Verhältnis zum Ex-Verein ist gespalten. Vor allem zu den Bossen. Mit Sportchef Klaus Allofs streitet er gerade um die Uhr, die es zum Abschied gab – sie soll noch immer in der Geschäftsstelle liegen. Andererseits war Werder auch ein Stück Heimat, die der FC Nantes nie wird. Der Klub, die Sprache, das Land – die Familie fühlt sich fremd. Zudem muss Klasnic ständig Medikamente nehmen, damit der Körper das implantierte Organ nicht abstößt. In sechs, sieben Jahren braucht er wohl wieder eine neue Niere. Mutter Sina und Vater Josip haben schon gespendet. Dass ihr Sohn überhaupt Leistungssport machen kann, grenzt an ein Wunder. Wäre Klasnic nur ein Renner und Kämpfer, der vorrangig auf athletische Fähigkeiten setzt, hätte das nie geklappt.

Doch darum geht es Klasnic in dem Prozess nicht. Dem Vernehmen nach wird ein externer Gutachter beauftragt, der sich mit dem Fall beschäftigen soll. In zwei, drei Monaten wird ein Urteil gesprochen. Klasnic beharrt darauf: „Ich hätte auf dem Platz sterben können.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false