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Tatort Weserstadion: Polizeieinsatz im März am Rande des Spiels Werder Bremen gegen HSV.

© dpa

Streit um Polizeikosten beim Fußball: Die Maut fürs Stadion

Der DFB entzieht Bremen das Länderspiel: Dabei gibt es durchaus sinnvolle Wege, wie sich Fußballvereine an den Polizeikosten beteiligen können. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Hönicke

Der Deutsche Fußball-Bund geht normalerweise wie ein großer Verband vor: bedächtig, manchmal schwerfällig. Doch wenn es sein muss, kann der DFB auch blitzschnell reagieren. Nur zwei Tage benötigte er, um die abtrünnige Fußballprovinz Bremen zu sanktionieren. Nachdem das klamme Bundesland erklärt hatte, die Fußballfamilie künftig an den Polizeieinsätzen rund um die Spiele beteiligen zu wollen, wurde ihm flugs das Länderspiel gegen Gibraltar entzogen.

An der Reaktionsgeschwindigkeit und der Härte der Repliken lässt sich ablesen, wie der Fußball (und auch der Sport allgemein) das Thema Kostenübernahme sieht: als Tabu. Es habe eine klare Absprache gegeben, dass diese Sache „weiterhin nicht thematisiert wird“, erklärte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Auch der Bremer Fußballklub Werder und seine Stadion-GmbH sind sauer. 600 000 Euro gehen ihnen durch den Entzug des Länderspiels verloren. Wohl gemerkt: für ein einziges Spiel. Die Kosten für die Einsätze der Bundespolizei bei Fußballspielen beliefen sich in der vergangenen Saison auf etwa 38 Millionen Euro, Tendenz steigend. Das ist die Dimension, über die geredet werden muss. Und die der DFB gern verschweigen möchte – bei der Gewinnmarge hört der Spaß auf.

Den Schild der Gemeinnützigkeit, den die Vereine und Verbände sonst demonstrativ vor sich hertragen, lassen sie ganz schnell wieder sinken, wenn die Gemeinschaft zur Last wird. So impulsiv und wenig besonnen wie die Bremer Aktion war auch die Reaktion aus dem Kreise der Kicker. Bei ihrer Sanktion haben die Granden des Fußballs übersehen, dass sie beim Verkauf ihres Produkts auf die Polizei angewiesen sind. Nur mit der Peitsche wird man das deutliche Murren, das es auch bei den Ordnungshütern gibt, nicht aus der Welt schaffen. Durch den knallharten Konter droht die Situation vollends zu eskalieren. Die Polizeigewerkschaft hat bereits das unschöne Wort „Erpressung“ fallen lassen.

Keine gute Figur geben in diesem Konflikt aber auch die Politiker aus den anderen Bundesländern ab. Zeitpunkt und Form des Bremer Solos mögen so kurz nach dem brasilianischen WM-Märchen diskutabel sein. Doch die Tabuisierung der Diskussion durch die Innenminister der Länder wirft ein zweifelhaftes Licht auf die Verflechtungen zwischen Politik und Sport. Es entsteht der Eindruck, dass sich aus machtpolitischem Kalkül niemand die Finger am liebsten Spiel der Deutschen verbrennen will. Doch die Frage nach der Kostenübernahme darf nicht unaussprechlich bleiben.

Und nun? Im Stadion gibt es den „Topspiel-Zuschlag“, den leiern die Klubs den Fans bei besonders zuschauerträchtigen Begegnungen gern aus der Tasche. Es wäre fair und sinnvoll, den an diejenigen weiterzuleiten, die wirklich Arbeit mit den Zuschauermassen haben. Auch ein Event-Euro, wie ihn Rheinland-Pfalz schon länger für alle Großveranstaltungen vorschlägt, oder ein Fonds für Sicherheitsmaßnahmen wären Instrumente, die weder die Sportverbände noch die Klubs in den Ruin stürzen würden.

Es geht ja auch weniger um eine konkrete Abrechnung als um eine Art symbolische Maut für jene Veranstalter, die die öffentlichen Strukturen besonders stark strapazieren.

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