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Deutschland präsentiert sich traditionell stark beim Schießen von Elfmetern. Hier traf Bastian Schweinsteiger zum 1:0 gegen Brasilien.

© dapd

Studie: Münzwurf macht Elfmeterschießen unfair

Zwei englische Wissenschaftler haben untersucht, wie sich die Reihenfolge beim Elfmeterschießen auf das Ergebnis auswirkt.

Von Benjamin Apitius

Fußball ist ungerecht, aber gerade deshalb auch aufregend. So geschehen und gesehen bei Herthas Unentschieden in Hannover, das aufgrund einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters nicht in einer späten Niederlage für die Berliner endete.

Kann Fußball gerechter werden? Wolfsburgs Trainer Felix Magath beantwortete diese Frage zuletzt nach dem Spiel zwischen seinem VfL Wolfsburg und Bayern München auf eigene Art. Patrick Helmes hatte per Kopf getroffen, doch Schiedsrichter Knut Kircher und Assistent Robert Kempter hatten zu Unrecht auf Abseits entschieden. Felix Magath schrie auf: „Wenn vier Schiedsrichter nicht in der Lage sind, ein Tor zu erkennen, dann ist es an der Zeit, den TV-Beweis einzuführen." Andererseits machen Ungerechtigkeiten den fußball auch unvorhersehbar und spannend.

Eine weitere Ungerechtigkeit im Fußballsport unterfüttern nun die englischen Wissenschaftler Ignacio Palacios-Huerta und Jose Apesteguia mit ihrer Studie: dem Münzwurf vor dem Elfmeterschießen. Dieser Wurf des Schiedsrichters ist so uninteressant, dass viele internationale Fernsehsender eine Werbeunterbrechung vorziehen. Die Wissenschaftler rücken den Münzwurf nun ins rechte Licht. Denn wer die Wahl gewinnt, entscheidet sich für den ersten Gang zum Kreidepunkt. Dies belegen die untersuchten Filmaufnahmen von Münzwürfen in 20 Partien. 19 Mal traten die Gewinner als erste Schützen an, nur einmal – im Viertelfinale der EM 2008 – ließen die Italiener den Spaniern den Vortritt – und verloren.

60 Prozent der Mannschaften, so errechneten die Wissenschaftler, würden ein Entscheidungsschießen verlieren, wenn sie als zweites Team an den Elfmeterpunkt müssen. Und so ist Palacios-Huertas Folgerung einfach: „Ein Elfmeterschießen wird bereits mit dem Münzwurf entschieden.“ Der Druck für den zweiten Schützen sei ungleich höher. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass gerade englische Forscher mit dem nationalen Fußballtrauma Elfmeterschießen auseinandersetzen. Aber immerhin haben sie es gründlich getan. Insgesamt wurden 2820 Elfmeterschießen aus den Jahren 1970 bis 2008 untersucht.

240 Trainer und Spieler wurden von den Wissenschaftlern interviewt, 96 Prozent der Befragten sagten, sie nähmen den ersten Schuss aus nur einem Grund: um den Druck weiterzugeben. „Ich denke, es wird den Köpfen der Fifa und Uefa nicht gefallen, dass Weltmeisterschaften und Europameisterschaften teilweise per Münzwurf entschieden werden“, sagt Professor Palacios-Huerta. Er hat jedoch einen Vorschlag für die Fußballoffiziellen: Tie Break. Wie beim Tennis. Mannschaft A beginnt, dann stellt Mannschaft B zwei Schützen, dann wieder Team A. Bei zehn Elfmetern wäre das Muster wie folgt: ABBAABBAAB. So würde das Vorlegen wegfallen, beziehungsweise das Nachlegen. Der Druck wäre auf beide Mannschaften gleich abgelegt.

Eine solche Regeländerung könnte den Fußball ein wenig gerechter machen (und die Engländer beim Elfmeterschießen ein wenig glücklicher). Die Frage ist nur: Will man das wirklich?

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