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Sport: Stuttgart verdient sich den Titel

Mit dem 2:1 gegen Energie Cottbus wird der VfB zum fünften Mal Deutscher Meister

Michael Langer hat einen eher überschaubaren Anteil zur Meisterschaft des VfB Stuttgart geleistet. Der Ersatztorhüter durfte nur ein Spiel bestreiten, aber ganz am Ende ist auch Langer noch eine historische Tat gelungen. Als Armin Veh zehn Minuten nach dem Abpfiff wieder aufs Feld zurückkehrt, ist Langer derjenige, der ihn als Erster entdeckt. Er läuft auf ihn zu, fällt ihm um den Hals und geht damit als erster Meistertrainergratulant in die Geschichte des VfB Stuttgart ein. Veh war nach dem 2:1 des VfB gegen Energie Cottbus noch mit dem Schlusspfiff in die Kabine geflüchtet. „Im Normalfall mache ich das immer so“, sagte Veh. Und warum sollte man sich anders als normal verhalten, nur weil man gerade Deutscher Meister geworden ist?

Dass der VfB Stuttgart den Titel geholt hat, zum fünften Mal insgesamt, hat er zu großen Teilen seiner unglaublichen Unaufgeregtheit zu verdanken. Als die Konkurrenten, Bremen und Schalke, im Schlussspurt ins Stolpern gerieten, haben die Stuttgarter ihre Spiele gewonnen, siebenmal hintereinander bis zum letzten Spiel gegen Cottbus. Und dann? Haben sie auch noch das achte gewonnen – mit einiger Mühe aber, mit Zittern und Zaudern. „Heute war’s etwas dramatischer, als ich es mir vorgestellt habe“, sagte Stuttgarts Präsident Erwin Staudt. „Ein bisschen Sorge hatte ich schon.“

Rund um das Stadion wurden schon vor dem Spiel Meisterschals und Meister-T-Shirts verkauft, der Ausrüster verteilte Meisterschalen aus Pappe, doch die Darbietung der Mannschaft auf dem Feld hatte lange nichts von der Selbstverständlichkeit eines Meisters. Die Spieler wirkten fahrig, sie fanden nicht richtig in die Zweikämpfe, und weil ihr Kurzpassspiel nicht funktionierte, versuchten sie es mit langen Bällen, die selten ihr Ziel erreichten. Nach knapp 20 Minuten passierte dann das, was den Stuttgartern nicht passieren durfte. Ein verunglückter Torschuss von Vlad Munteanu landete auf dem Fuss seines Landmanns Sergiu Radu, und der vollendete aus fünf Metern zur 1:0-Führung für die Cottbuser.

In diesem Moment verlor der VfB die Tabellenführung an die Schalker, die ihrerseits 2:0 gegen Bielfeld führten. Und es gibt Momente, die im Nachhinein wie ein Menetekel erscheinen. Nur eine Minute nach dem 0:1 hatten die Stuttgarter die große Chance zum Ausgleich. Hilbert stand fünf Meter vor dem Tor, Energies Torhüter Piplica rettete, der Ball kam zu Cacau, Cacau schoss sofort, doch Piplica war schon in der anderen Ecke, wehrte den Ball erneut ab, diesmal mit dem Fuß. In solchen Momenten gerinnen Zweifel manchmal zur Gewissheit.

Neun Minuten lang waren die Stuttgarter am letzten Spieltag wieder vom Gejagten zum Jäger geworden, dann erzielte Thomas Hitzlsperger den Ausgleich und brachte den VfB damit wieder an die Spitze des virtuellen Klassements. Pavel Pardo schlug eine Ecke an den Strafraum, Hitzlsperger, völlig frei, nahm den Ball volley und schickte ihn in den Winkel des Cottbuser Tores. Genau diese Variante hatten Pardo und Hitzlsperger schon eine Viertelstunde zuvor probiert, Energie aber verstand die Warnung nicht.

Trotzdem zerstreuten die Cottbuser mit ihrem Auftreten alle Befürchtungen, sie könnten sich im Meisterschaftsfinale als allzu bequemer Gegner für den VfB erweisen. „Cottbus hat es uns unheimlich schwer gemacht“, sagte Armin Veh.

Stuttgarts Trainer brachte dann Antonio da Silva, einen offensiven Mittelfeldspieler, später auch Nationalstürmer Mario Gomez. Auf das Unentschieden wollte er sich nicht verlassen. Da Silva schlug in der 57. Minute eine Flanke in den Cottbuser Strafraum, Sami Khedira nutzte die eher zärtliche Bewachung seiner Gegenspieler und köpfte zum 2:1 ein. Der 20-Jährige hatte von allen Stuttgarter Feldspielern in der ersten Halbzeit den fahrigsten Eindruck hinterlassen. Trotzdem hatte Veh „keine Sekunde“ darüber nachgedacht, ihn auszuwechseln: „Er ist ein Spieler, der immer zurückkommen kann.“

Diese Fähigkeit zeichnet die gesamte Meistermannschaft aus. „Der VfB hat einen langen Atem bewiesen“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Den durften sie gestern auch beim Feiern ausleben, obwohl die Mannschaft in einer Woche im Pokalfinale steht und das Double gewinnen kann. „Heute sollen sie feiern, was nur geht“, sagte Armin Veh. „Aber wer nicht will, muss ja auch nicht.“ Schwaben können manchmal brutal tolerant sein.

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