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Sport: Stuttgarter Modell

Neben Hinkel und Co. macht sich auch Magath interessant

Stuttgart. Es gibt Experten, die nach dem Auftritt von Felix Magath im Weserstadion sicher waren, sie hätten den nächsten Ottmar Hitzfeld gesehen. Wie nüchtern und souverän sich der 50-Jährige nach dem 3:1-Sieg seines VfB Stuttgart bei Werder Bremen bewegte und wie die junge Mannschaft den Stil ihres Trainers selbst in kritischen Situationen durchzog. Eine solche Attitüde zeichne die rar gesäten Topkräfte der Branche aus, einer wie Magath sei deshalb erste Wahl auf der Kommandobrücke des FC Bayern München, falls Hitzfeld dort aufhören sollte.

Sollte die Stuttgarter Mannschaft am Mittwoch auch noch Panathinaikos Athen (20.45 Uhr, live auf Premiere) schlagen und weiter in der Champions League erfolgreich bleiben, rücken dabei nicht nur die jungen Asse wie Andreas Hinkel, Kevin Kuranyi oder Aliaksandr Hleb ins Interesse. Es werden auch Chefs gesucht, die ein Spitzenteam auf die Beine stellen und international positionieren können. Das zeigen die fast verzweifelten Bemühungen bei Hertha und beim HSV. Aber auch in London und Mailand und irgendwann mal wieder in München und Dortmund werden sie nach Führungskräften vom Kaliber Magaths fahnden.

Nun ist das Stuttgarter Idyll in Gefahr geraten, weil die ersten von Magaths Entdeckungen zu Hoffnungsträgern der ganzen Nation aufgestiegen sind. Kevin Kuranyi und Andreas Hinkel stehen plötzlich nicht mehr als Musterprojekte für vernünftige Talentförderung da – seit ein paar Monaten gelten die beiden 21-Jährigen als Deutschlands billigste Nationalspieler mit ihren 200 000 bis 300 000 Euro Jahresgehalt. Die Spieler hätten ihre Leistungssteigerung gern entsprechend honoriert, wofür auch jeder Verständnis hat. Doch sowohl deren künftige Gagen als auch die Verträge sollten zu jenem Modell passen, das einerseits die wirtschaftliche Situation des mit 13,4 Millionen Euro verschuldeten Klubs trägt, aber auch den sportlichen Entwicklungsprozess nicht stoppt. Denn Felix Magath möchte mit seinem Ensemble nicht nur einmal in der Champions League auftreten, sondern in Zukunft immer um nationale wie internationale Titel mitspielen.

Die Bindung der zwei Vorzeigeprofis wäre der erste sichtbare Leistungsnachweis Magaths in der doppelten Funktion als Trainer und Manager. Erstaunlicherweise hat der Lehrmeister der jungen Spieler, der in den vergangenen zwei Wochen die meisten Interviews in Deutschland gegeben hat, sich dabei kein einziges mal klar zu seiner Mission im Schwabenland bekannt. Magath stört sich an einer Fraktion im Klub, „die glaubt, dass ich zu viel Macht habe. Die werden dann quer schießen, wenn es mal nicht so gut läuft“.

Der neue Präsident Erwin Staudt tut alles, um das Verhältnis seines Teamchefs zum Klub zur Herzensangelegenheit zu machen. Er weiß auch, dass es sich bei jener Person, der Magath nicht über den Weg traut, um den Finanzvorstand Ulrich Ruf handelt: ein Buchhaltertyp, der fast 25 Jahre alle Reformen und Revolutionen der Mayer-Vorfelder Ära überstanden und dabei bald 20 Trainer ausgesessen hat.

Martin Hägele

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