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Sport: Suche nach neuen Chefs

Das 1:2 im Ligapokal in Bremen macht deutlich: Beim HSV muss sich erst noch eine Hierarchie bilden

Von Karsten Doneck, dpa

Nigel de Jong schaute kurz auf. Körperhaltung und Mimik drückten eine gewisse Ratlosigkeit aus. Wohin mit dem Ball? Nun ist de Jong erfahren genug, um zu wissen, dass gefährliche Angriffsaktionen oft über die Außenpositionen eingeleitet werden. Also passte der Fußballprofi des Hamburger SV den Ball auf die rechte Seite. Gute Idee, aber schlecht ausgeführt. Der Ball rollte über 20 Meter unberührt ins Seitenaus – zum Einwurf für Werder Bremen. De Jong giftete daraufhin Mehdi Mahdavikia an, der sich seiner Meinung nach nicht rechtzeitig genug in Bewegung gesetzt hatte,

Die Szene nach einer Viertelstunde zeigt: Dem HSV fehlt noch die Harmonie, um eine ähnlich erfolgreiche Saison zu spielen wie die vorige. Die 1:2 (0:0)-Niederlage im Ligapokal-Halbfinale bei Werder Bremen am Dienstagabend, besiegelt durch ein Traumtor von Torsten Frings acht Minuten vor dem Ende, mag insofern tröstlich sein, als sie dem HSV so manche Schwächen aufzeigte. „Man sieht, dass es immer Dinge gibt, an denen man noch arbeiten muss“, sagte Trainer Thomas Doll.

Der HSV hat das Problem, am Ende der vorigen Saison zu viele Führungspersönlichkeiten auf einmal abgegeben zu haben. Der nach München gewechselte Daniel van Buyten wurde zwar, von den fußballerischen Qualitäten her, mindestens gleichwertig durch Vincent Kompany ersetzt. Aber van Buyten verfügte über ein äußerst herrisches Auftreten, sein Kommando galt. Diesen Status müsste sich Kompany erst erarbeiten. Auch Sergej Barbarez, jetzt Bayer Leverkusen, oder Stefan Beinlich (Rostock) waren als Routiniers anerkannte Respektspersonen.

Die neue Hierarchie muss sich erst bilden beim HSV. In Bremen fehlte anfangs der Mann, der Leben in eine genügsam vor sich hinkickende Elf brachte. „In der ersten Halbzeit waren wir überhaupt nicht auf dem Platz. Das war zu wenig. Da fehlte uns die Kernigkeit“, schimpfte Doll. Nach dem Führungstor der Bremer durch den Ägypter Zidan steigerten sich die Hamburger, kamen auch durch den 3,5 Millionen Euro teuren Neuzugang Boubacar Sanogo zum Ausgleich. Alles schien sich zum Guten zu wenden. „Aber es gibt jemanden, der so ein Spiel drehen kann“, sagte Doll in Anspielung auf Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer aus Herne. Der zeigte Nigel de Jong eine Viertelstunde vor Schluss für ein Foul an Torsten Frings die Rote Karte. „Das war keine Blutgrätsche, der haut dem nicht von hinten rein – wieso kriegt er da Rot?“, fragte Doll erbost. „Da fehlen mir die Worte.“ De Jong kommt wohl glimpflich davon. „Ohne dem DFB-Sportgericht vorgreifen zu wollen, aber ich denke, dass es nur eine Sperre für künftige Einsätze im Ligapokal gibt“, sagte Tom Bender, Sprecher der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Es gab aber auch schon andere Urteile: Der Dortmunder Sebastian Kehl war vor drei Jahren im Ligapokal-Finale in Mainz vom Platz geflogen und danach für sechs Wochen gesperrt worden – gleich für alle Wettbewerbe. Kehls Vergehen: Er hatte damals Schiedsrichter Jürgen Aust angerempelt. Gegner des BVB war damals – der Hamburger SV. Der HSV siegte 4:2, allerdings mit so routinierten Kräften wie Barbarez, Beinlich und Cardoso. Der diesjährige Ligapokal ist aber für den HSV ohnehin nur die Einstimmung auf Wichtigeres: die Qualifikation für die Champions League. Am kommenden Mittwoch steigt in Hamburg das Hinspiel gegen CA Osasuna aus Spanien. Und da gab es gegen Bremen auch Fingerzeige, die Doll hoffnungsvoll stimmen. „Wir hatten Saft für 90 Minuten. Und meine Jungs haben einen unbändigen Willen gezeigt, das Ding noch zu drehen“, lobte der Trainer.

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