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Südafrika

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Südafrika: Aus Weiß mach Schwarz

In Südafrikas Nationalmannschaften wird künftig ein Aufnahmekriterium entscheidend sein: die Hautfarbe.

Seit dreizehn Jahren ist die Apartheid in Südafrika offiziell beendet, doch ihr Vermächtnis ist auch heute noch nicht zu übersehen. Schwarz und Weiß leben fast überall getrennt voneinander; die Wirtschaft befindet sich trotz eines ganzen Arsenals an umstrittenen Antidiskriminierungsgesetzen und Quotenregelungen noch immer fest in weißer Hand. In ihrem Bemühen, die Ungerechtigkeiten und Verzerrungen der Vergangenheit zu beseitigen, legt Südafrikas von Schwarzen geführte Regierung inzwischen jedoch einen derartigen Eifer an den Tag, der in erschreckender Weise an längst vergangen geglaubte Zeiten erinnert.

Nächste Olympiamannschaft "das letzte blütenweiße Team“

Anders als in Simbabwe, wo der Rassismus der schwarzen Machthaber ganz offen praktiziert wird und zu einem Exodus der hellhäutigen Bevölkerung geführt hat, werden die Weißen in Südafrika heute allerdings eher schleichend aus dem Land gedrängt. Die "Black-Empowerment“-Politik, also die Bevorzugung Schwarzer, führt dazu, dass vor allem junge weiße Familien zwischen 20 und 40 Südafrika verlassen. Selbst die in der Verfassung verankerte Gleichheit vor dem Gesetz wird immer häufiger gebeugt. So beabsichtigt der Staat nun eine Intervention im Sport. Butana Komphela, der Vorsitzende des parlamentarischen Sportausschusses der Regierungspartei ANC, kündigte an, dass Südafrikas nächste Olympiamannschaft "das letzte blütenweiße Team“ sein werde, dass die Kaprepublik international repräsentieren werde.

Südafrikas Sportler werden in Zukunft also vor allem eine Qualifikation mitbringen müssen – die dunkle Hautfarbe. Vieles deutet darauf hin, dass ausgerechnet Südafrika nach dem Ende der unseligen Apartheidsära abermals Rassenkriterien gesetzlich verankern wird – auch im Sport. Bis zur Fußball-WM 2010 sollten die Nationalteams in jeder Sportart zu einem "vernünftigen Spiegel der demografischen Zusammensetzung des Landes“ werden, veranlasste Sportminister Makhenkesi Stofile, und zwar unabhängig von den sportlichen Vorlieben der jeweiligen Bevölkerungsgruppe. Vom Erreichen dieses Ziels will die Regierung weitere Fördermaßnahmen abhängig machen.

Frankreichs Rugbyteam kosmopolitischer zusammengesetzt

Dabei ist etwa das Olympiateam keineswegs mehr so "blütenweiß“, wie Butana Komphela vorgibt. Immerhin sind inzwischen fast 40 Prozent der Athleten schwarz – erheblich mehr als bei den letzten Spielen. Nicht nur Komphela beharrt jedoch darauf, dass Südafrikas Sport den rassischen Proporz im Lande widerspiegelt: 77 Prozent schwarz, neun Prozent weiß, acht Prozent farbig und etwa vier Prozent Südafrikaner indischer Abstammung. Mannschaften, die nicht in das demografische Profil passen, dürften das Land nach der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes künftig nicht mehr repräsentieren, sagte Komphela.

Der im Mai vom Parlament bereits gebilligte Gesetzentwurf gibt dem Sportminister künftig das Recht, bei Kontroversen über die Zusammensetzung der Nationalteams nach rassischen Gesichtspunkten zu bestimmen. Und davon wird er wohl auch Gebrauch machen. Sportminister Stofile deutete schon an, dass nach seinem Dafürhalten vor allem in Teamsportarten und im Sportmanagement zu wenig schwarze Südafrikaner berücksichtigt werden. Stofile empfindet es als "skandalös“, dass etwa Frankreichs Rugbyteam kosmopolitischer zusammengesetzt sei als die südafrikanische Mannschaft.

Weniger ans Gewinnen denken

Dabei ist derzeit noch völlig ungeklärt, nach welchen Kriterien der Gesetzgeber bestimmen will, wer in den Genuss der von den Machthabern in Aussicht gestellten rassischen Vorzugsbehandlung wie zum Beispiel eines Platzes im Nationalteam für die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 im eigenen Land kommt. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, muss das Gegengift nach genau denselben Kriterien injiziert werden wie einst das Gift der Apartheid selbst: nach den Gesetzen von Pretorias berühmt-berüchtigter Rassenklassifikation. Damals nahmen Beamte in Zweifelsfällen die Physiognomie eines Prüflings unter die Lupe, etwa indem sie die Krausheit der Haare untersuchten.

Die Doktrin der richtigen Hautfarbe als alleiniges Befähigungsmerkmal könnte freilich verheerende Folgen für die Effizienz des Staates und die Wettbewerbsfähigkeit der Sportteams haben. Staatspräsident Thabo Mbeki bereitet die Sportfans in den Townships jedenfalls schon einmal auf die Konsequenzen der Umstellungen in den Nationalmannschaften vor. "Wir müssen etwas weniger ans Gewinnen denken“, empfiehlt Mbeki, "und etwas mehr an die Einheit unserer Nation.“

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