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"Domowtschiski, Domowtschiski, stürm noch mal vor und schieß noch ein Tor, Waleri, du supergeiler Typ!". Wenn die Fans einen so feiern, kann man sich schon mal freuen.

© dapd

"Supergeiler Typ": Waleri Domowtschiski ist endlich bei Hertha angekommen

Herthas Bulgare Waleri Domowtschiski hat seine Rolle hinter den Spitzen gefunden. Und schon widmet ihm die Ostkurve ein Ständchen. Am Freitag will er auch in Cottbus überzeugen.

Berlin - Am Ende hat die Ostkurve ein Lied für ihn gesungen. Das ist insofern bemerkenswert, als es gar nicht so einfach ist, für einen so komplizierten slawischen Namen eine stadionkompatible Melodie zu finden. Was dabei herauskam, war eine moderne Adaption von Perry Comos „Winter Wonderland“: „Domowtschiski, Domowtschiski, stürm noch mal vor und schieß noch ein Tor, Waleri, du supergeiler Typ!“

Schöne Geschichte, sagt Waleri Domowtschiski, schade nur, dass er davon nichts mitbekommen hat, „ich musste mich auf das Spiel konzentrieren“. Aber jetzt sei ihm klar, warum die Fans nach dem 4:0-Sieg über den KSC von ihm eine Tanzeinlage gefordert hätten.

Für Waleri Domowtschiski ist vieles neu in seiner vierten Saison als Profi bei Hertha BSC. Die Ostkurve bringt ihm ein Ständchen, Lothar Matthäus wird ihn künftig in der bulgarischen Nationalmannschaft betreuen und spielen darf er auch, sogar im Verein. Nicht nur ein paar Minuten, wie in den vergangenen Jahren, sondern von Anfang an. In den fünf Zweitligaspielen dieser Saison stand er in der Startelf, und es spricht wenig dafür, dass sich daran im sechsten Spiel am Freitag bei Energie Cottbus etwas ändert.

In der Öffentlichkeit wird dieses Spiel gern zum Berlin-Brandenburgischen Derby hochgejazzt, wofür es allein geografische Gründe gibt, aber keineswegs eine historisch gewachsene Rivalität. Die Derby-Tradition beider Klubs gründet sich auf gerade sechs gemeinsame Bundesliga-Spielzeiten. Das bislang letzte Spiel datiert vom Frühjahr 2009, als die Berliner Fußball-Welt noch in Ordnung war. Andrej Woronin schoss drei Tore, im Mittelkreis steppte Dieter Hoeneß und Hertha thronte an der Tabellenspitze. „Ach ja, Cottbus“, sagt Domowtschiski, „kann ich mich gut dran erinnern, ich hab’ immerhin zehn Minuten gespielt“, die Nachspielzeit mitgerechnet. Für Hertha war es eine schöne Zeit, Domowtschiski aber verbrachte sie bevorzugt auf der Ersatzbank.

Weil Cottbus damals abstieg und Hertha ein Jahr später folgte, erfährt das Duell der beiden entfernten Nachbarn seine Neuauflage heute in der Zweitklassigkeit. Woronin schießt seine Tore gelegentlich in Moskau, Hoeneß lässt die Puppen in Wolfsburg tanzen und Domowtschiski pendelt immer noch zwischen Rasen und Ersatzbank. Aber in umgekehrter Reihenfolge, was vor allem daran liegt, dass er jetzt auf einer neuen Position spielt. Herthas Trainer Markus Babbel hat aus einem wackeligen Stürmer einen selbstbewussten Mittelfeldspieler gemacht.

Die Karriere des 23-Jährigen war in Berlin ins Stocken geraten. Unter den Trainern Lucien Favre und Friedhelm Funkel bleib für ihn die Rolle des Jokers. Bis Babbel kam. Es war sein Vorteil, dass Babbel seinen Job unbelastet und ohne Vorurteil antrat. Im Training staunte der neue Mann über Domowtschiskis gutes Auge, über seine Laufbereitschaft und die hervorragende Ballbehandlung mit beiden Füßen. Genau so einen brauchte der Trainer, um seinem hoch veranlagten, aber zur Faulheit neigenden Brasilianer Raffael Konkurrenz zu machen auf der Position des zentralen Spielgestalters. Weshalb Hertha inzwischen mit zwei zentralen Offensivgeistern auftritt.

Domowtschiski spielt in dieser Konstellation keineswegs eine Nebenrolle. Beim 4:0 über Karlsruhe schoss er sein drittes Saisontor. Er freut sich über die neuen Möglichkeiten. Über die vielen Ballkontakte in der Etappe, „dadurch komme ich viel besser ins Spiel“, und über den gewachsenen Stellenwert innerhalb der Mannschaft. Die Kollegen registrieren irritiert, wie sehr der zuvor auf und neben dem Platz zum Versteckspiel neigende Bulgare aus sich herausgehen kann. Domowtschiski hat sich verwandelt, er sagt, die Mannschaft mache es ihm einfach. „In diesem Jahr haben wir endlich eine echte Mannschaft“, woraus man wohl schließen darf, dass es um den Teamgeist zuvor nicht ganz so gut bestellt war. Stimmt, sagt Domowtschiski, verweigert sich aber jeder Begründung, „das hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen“. Ein bisschen Zurückhaltung muss schon noch sein.

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