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Bogen überspannt. Max Kruses Eskapaden verärgern VfL Wolfsburg und DFB.

© imago/Christian Schroedter

Update

Suspendierter Nationalspieler: VfL Wolfsburg will Max Kruse schützen

Max Kruse ist hoch begabt und hochgradig undiszipliniert, sein Klub hat genug von seinen Eskapaden - will ihm aber helfen. Am Abend gaben die Wolfsburger eine Erklärung ab.

Von Christian Otto

Der komfortable Kraft- und Fitnessraum, den der VfL Wolfsburg in seinem neuen Trainingszentrum eingerichtet hat, ist ein Refugium erster Güte. Hier schuften vor allem die Patienten unter den Profis und können dabei ungeschützt vor neugierigen Blicken das Training ihrer Kollegen auf dem Platz beobachten. Für Max Kruse dürfte dieser Ort der Ruhe am Dienstagvormittag elementar wichtig gewesen sein. Individuelles Training drinnen statt eines öffentlichen Auftritts draußen: Das hat der Verein einem Angreifer verordnet, dessen Ruf als Fußballprofi immer mehr leidet. Nach diversen Eskapaden, die vom Verein bereits kritisiert und abgestraft worden sind, kursiert im Internet nun auch noch ein schlüpfriges Video, das Kruse zeigen soll. Es wirft die böse Frage auf, wie viel Hohn, Spott und Schaden eine einzelne Profikarriere vertragen kann.

Die Geduld der Wolfsburger ist strapaziert

Auch auf Dieter Hecking prasselten am Dienstag viele Fragen ein. Das mediale Empfangskomitee, das am Vormittag auf den Trainer wartete, war ungewöhnlich groß. Warum hat Kruse einen Tag nach seiner temporären Suspendierung in der deutschen Nationalmannschaft auch in Wolfsburg nicht mittrainiert? Ist seine Zukunft beim VfL gefährdet? „Davon gehe ich im Moment nicht aus“, sagte Hecking. Doch die Geduld von Trainer und Vereinsführung wird angesichts des nicht endenden wollenden Ärgers um Kruse arg strapaziert. Dessen nächtliche Ausflüge, vornehmlich nach Berlin, werfen ein schlechtes Licht auf Spieler und Verein. Sie füttern alle Kritiker, die bemängeln, dass das mit Stars besetzte VfL-Ensemble in der Champions League zwar glänzt, aber in der Bundesliga schon länger enttäuscht.

Kruse selbst kommt seit geraumer Zeit einfach nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus. Zu viele Partys, zu wenig Elan, zu viel Schokolade am Morgen, zu viele bunte Geschichten, zu wenig in der Rolle als Vorbild angekommen – das Image des 28-Jährigen leidet enorm. „Jetzt ist irgendwie der Bogen überspannt. Wir haben Verhaltensregeln und Werte“, sagt Oliver Bierhoff, der Teammanager der deutschen Nationalelf. Versöhnlichere Töne schlägt Wolfsburgs Geschäftsführer an. „Wir müssen ihn langsam auch mal ein Stück weit schützen“, sagt Klaus Allofs.

Am Dienstagabend gab der Verein eine Erklärung ab, die diese Absicht zusätzlich unterstreichen soll. Der VfL sei der Meinung, „dass Max Kruse jetzt dringend unsere Hilfe benötigt.“ Dafür fordert Allofs aber eine „sofortige Veränderung seiner Lebensweise“ ein.

Facebook und Instagram: Kruse ist erst einmal offline

So dürfte es etwa eine gute Idee sein, die auf Kruse gerichteten Scheinwerfer erst einmal auszuschalten. Seine Accounts bei Facebook und Instagram sind offline geschaltet worden. Offenbar wähnt sich der Ballkünstler mitten in einem falschen Film, von dem noch nicht abzusehen ist, ob er ein gutes Ende findet. Eigentlich werden solch clevere Spielertypen wie Kruse beim VfL Wolfsburg dringend benötigt. In Kürze steht mit den beiden Viertelfinalduellen in der Champions League gegen Real Madrid ein weiterer Meilenstein für die Vereinschronik an. Bis dahin ist Kruse jedoch auf dem besten Weg, mit seinen Geschichten alles Positive in den Schatten zu stellen.

Seine negativen Höhepunkte der vergangenen Wochen waren der Verlust von 75 000 Euro in bar im Anschluss an einen nächtlichen Ausflug nach Berlin und eine Kontroverse mit einer Reporterin der „Bild“ im Berliner Nachtclub „Avenue“ in der Karl-Marx-Allee. Bei seiner Geburtstagsfeier soll er mit der Reporterin aneinandergeraten sein, weil sie Fotos von ihm machte. In beiden Fällen soll der VfL Wolfsburg Geldstrafen gegen Kruse verhängt haben.

Ein Spitzensportler soll auch privat entsprechend leben

Reumütige Töne des Spielers waren bereits zu hören. An den undichten Stellen im Umfeld des Offensivkünstlers wird gearbeitet. „Ich habe mit Max geredet und werde das weiterhin tun“, sagt Cheftrainer Hecking, der vor Vorverurteilungen warnt und die Gerüchte um seinen Spieler nicht weiter kommentieren möchte.

Wie es mit Kruse in der Nationalelf weitergeht, ist noch unklar. Eine Teilnahme an der EM scheint noch nicht völlig außer Reichweite. „Es war nicht das Verhalten, das für einen Nationalspieler, der sich auf die EM vorbereitet, richtig war“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. Als Spitzensportler müsse man auch privat entsprechend leben, um Topleistungen bringen zu können. „Das verlangen wir gerade auch im Bezug auf solche wichtige Spiele wie jetzt gegen England und Italien. Aber deshalb muss man jetzt nicht den Stab über ihn brechen.“

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