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Sport: SV Babelsberg 03: Niedergang eines Aufsteigers

Potsdam. Vor einigen Monaten kickte Christian Henning noch in Rostock.

Potsdam. Vor einigen Monaten kickte Christian Henning noch in Rostock. Woche für Woche reiste der 24-Jährige damals übers Land. Nach Eberswalde, nach Rathenow, nach Wismar. Henning spielte für die Amateurmannschaft von Hansa Rostock, in der Viertklassigkeit. Nur selten kamen mehr als hundert Zuschauer zu den Heimspielen.

Am Sonntagnachmittag stand Henning nun auf dem Rasen im Niedersachsenstadion. Er trägt mittlerweile das Trikot von Babelsberg 03, einem Zweitligisten, der in Hannover vor mehr als 28 000 Zuschauern antrat. "Man ist richtig aufgeregt", sagt Henning. "Aber wir haben uns nicht in die Hosen gemacht. Da unten zu stehen, vor fast 30 000 Zuschauern - das ist Weltklasse." Babelsberg war Kreisklasse. Henning bekam von Boulevardzeitungen die Note sechs. Wie fast alle seiner Mitspieler. Babelsbergs Bilanz der vergangenen vier Spiele: Null Punkte und 3:15 Tore.

Vor sechs Wochen war das noch anders. Der SV Babelsberg 03, der seit 1996 aus der fünften Liga immer wieder aufgestiegen war, stand dicht vor einem Aufstiegsplatz zur Ersten Bundesliga. Das Team von Trainer Hermann Andreew schlug Arminia Bielefeld, den MSV Duisburg und den 1. FC Union. Damals warf Babelsberg sogar fast den Erstligisten Hertha BSC aus dem DFB-Pokal. Eine taktisch gute Mannschaft, die das Kurzpassspiel zu beherrschen schien. Aggressiv, hungrig und jung. Mittlerweile sagt Babelsbergs Präsident Detlef Kaminski etwas anderes. "Leidenschaftslos und körperlos. Sehen Sie, wir haben in Hannover gerade einmal zwei Gelbe Karten kassiert. Eine wegen Trikotzupfen, eine für ein Foul irgendwo im Nirwana. Wir haben in der Defensive nicht einen aggressiven Zweikampf gehabt. Hannover war wie von einem anderen Stern." Lieber dumpfes Gegrätsche? "Nein, aber nur guten Fußball spielen? Null Chance."

Die Trainerfrage stellt sich nicht. "So etwas wäre Pipifax", sagt Kaminski. "In Hannover haben sich die erfahrenen Spieler versteckt." Andreew nahm den bundesligaerfahrenen Slawomir Chalaskiewicz bereits nach einer halben Stunde vom Platz. Da lag Babelsberg schon 0:3 im Rückstand. "Wir haben zu diesem Zeitpunkt völlig die Kontrolle verloren", sagt Andreew.

Das größte Problem ist die gestiegene Erwartungshaltung. "Die Zeitungen haben uns zu gut geschrieben", meint Kaminski. "Unsere Spieler haben gedacht, dass sie wirklich so gut sind." Auch Trainer Andreew sagt: "Wir sind sehr gut in die Zweite Liga gestartet. Alle haben uns unterschätzt. Wir spielen aber noch keinen attraktiven Fußball, wie alle immer sagen. Wir beherrschen das Kurzpassspiel noch nicht, wir versuchen es." Gerade gegen Mannschaften, die das Konterspiel gut umsetzen, sehe seine Mannschaft schlecht aus, erzählt Andreew. Das sei gegen Unterhaching so gewesen, auch beim 1:4 in Bochum. Und in Hannover? "Da wurden wir wurden völlig niedergewalzt."

Die Mannschaft von Babelsberg 03 besteht aus Spielern, die entweder ausgemustert worden sind oder für höherklassige Klubs uninteressant waren. Das Team stößt an Grenzen. Unterhaching und Bochum waren ehemalige Bundesligisten, Mainz 05 und Hannover 96 sind die beiden Ersten der Zweiten Liga. "Mit diesen Mannschaften dürfen wir uns nicht messen", sagt Andreew. Am Sonnabend kommt Rot-Weiß Oberhausen ins Karl-Liebknecht-Stadion, da muss seine Mannschaft punkten. Er sagt auch, dass "wir jetzt drei Schritte zurück gemacht haben." Unabhängig vom Gegner.

Das Spiel gegen Hannover habe sein Team im Mittelfeld verloren, meint Andreew. Nur in der Abwehr sieht es nicht besser aus. Die beiden Manndecker Marcell Fensch und Marcus Petsch fallen wohl bis zur Winterpause aus. In Hannover hat sich auch noch Marco Laaser den Fuß gebrochen. Vielleicht müsse man zur Winterpause noch auf dem Transfermarkt aktiv werden, sagt Präsident Detlef Kaminski. "Drei verletzte Abwehrspieler? Das hält niemand durch." Schon gar nicht Babelsberg.

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