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Sport: Sven-Göran Eriksson: Ein erster Sieg für den Schweden

Englands Medien haben einen neuen Liebling. Sven-Göran Eriksson heißt er, ist Schwede, Fußballtrainer und seit neuestem für die englische Nationalmannschaft zuständig.

Englands Medien haben einen neuen Liebling. Sven-Göran Eriksson heißt er, ist Schwede, Fußballtrainer und seit neuestem für die englische Nationalmannschaft zuständig. Seine Vorgänger hatten bei den Journalisten des Landes oft nur wenig Kredit. Bei Eriksson ist das offensichtlich anders. Seitdem der Schwede Nachfolger von Kevin Keegan als englischer Nationaltrainer ist, vergeht kein Tag, an dem der Name des Schweden nicht in mindestens einem der englischen Blätter erscheint. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Eriksson seit seinem offiziellen Amtsantritt vor sechs Wochen 25 Spiele gesehen hat, sogar bis nach Spanien geflogen ist, um Manchester Uniteds Spieler in der Champions League bei Valencia anzuschauen.

Im Moment sieht es so aus, als könne Eriksson nichts falsch machen. 31 Spieler bietet er für das Länderspiel Englands gegen Spanien am heutigen Mittwoch auf - so viele wie keiner seiner Vorgänger je zuvor. Die Medien wiesen darauf hin, mehr aber auch nicht. Selbst dass Spieler wie Paul Merson, Paul Ince, Dennis Wise, Darren Anderton oder Gareth Barry, zum Teil Lieblinge einiger Blätter, nicht im Kader sind, wurde verständnisvoll kommentiert. Dafür vermerkten die Zeitungen fast dankbar, dass Eriksson den 31jährigen Verteidiger Chris Powell von Aufsteiger Charlton Athletic nominierte, einen Spieler, von dem außerhalb Englands noch nie jemand was gehört hat.

Sven-Göran Eriksson hat fürs Erste frischen Wind in das Umfeld der Nationalmannschaft gebracht. Sein Auftreten, mit Eloquenz (trotz Sprachbarriere), weltmännischem Flair und Höflichkeit, hat abgefärbt. Vor allem die Journalisten der Boulevardblätter bemühen sich, die Fragen anständig zu stellen - keine Spur von unterschwelliger Aggressivität oder Kumpelhaftigkeit, wie zuvor bei Keegan oder dessen Vorgänger Glenn Hoddle. Selbst Geständnisse des Schweden werden von der Presse nicht mit Genuss zerrissen. Eriksson räumte bei der Bekanntgabe des Kaders ein: "Ich habe möglicherweise Spieler aufgeboten, die es nicht verdient haben, und Spieler draußen gelassen, die eine Nominierung verdient hätten. Aber das große Aufgebot ist nötig gewesen, weil ich noch nicht alle Spieler wirklich richtig einschätzen kann." Hätten Hoddle oder Keegan mögliche Fehler beim Aufgebot zugegeben, hätten mindestens zwei Drittel der Blätter am nächsten Tag den Rücktritt oder die Entlassung des Nationaltrainers gefordert.

Doch Sven-Göran Eriksson wird mehr als anderen Nationaltrainern Kredit eingeräumt. Selbst die wenig verhüllt fremdenfeindlichen Kommentatore, dass ein Ausländer als englischer Nationaltrainer völlig fehl am Platz sei, sind inzwischen völlig verstummt. Und bei Eriksson wird sogar akzeptiert, was zuvor schon Hoddle versucht hatte - und schließlich mit zu seinem Sturz führte. Zu Erikssons Stab für die Nationalmannschaft gehört auch ein Sportpsychologe. Der Norweger Willi Railo begleitet Eriksson bereits seit 1978 auf jeder seiner Trainerstationen und hat die Aufgabe, die mentalen Blockaden und die negativen Haltungen in den Köpfen der englischen Spieler zu entfernen. Ähnliches hatte auch Hoddle mit Eileen Drewery im Sinn. Doch Drewery ist Geistheilerin, und mit alternativen Methoden kann Englands Fußball halt weniger anfangen als mit der herkömmlichen Schulpsychologie.

Martin Pütter

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