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Sport: T-Mobile baut um

Trotz des Erfolgs wird die Teamleitung um Olaf Ludwig wohl ausgetauscht – Klöden hat noch kein Angebot

Paris - Olaf Ludwigs Lob für sein Team fiel trocken und sachlich aus. „Wenn man bedenkt, wie wir gestartet sind, können wir zufrieden sein“, sagte er am Wochenende. Ein bisschen mehr Enthusiasmus hätte Ludwigs Mannschaft durchaus verdient gehabt – schließlich hatte sie nach den Suspendierungen von Jan Ullrich und Oscar Sevilla zu siebt den Titel des stärksten Tour-Teams errungen. Außerdem waren seine Fahrer Sergej Gontschar und Andreas Klöden bei der letzten großen Prüfung der Rundfahrt Erster und Zweiter geworden, Andreas Klöden hatte sich mit einem finalen Kraftakt noch auf einen Podiumsplatz in Paris vorgekämpft.

Vielleicht ging Ludwig ein wenig die Begeisterungsfähigkeit ab, weil er bereits wusste, dass seine erste Tour am Steuer des T-Mobile-Begleitautos auch seine letzte gewesen sein könnte. Am Sonntagfrüh meldete die gewöhnlich gut informierte französische Sportzeitung „L’Equipe“, dass Teamleiter Ludwig und sein Partner Mario Kummer im Zuge einer großen Umstrukturierungsmaßnahme durch ein neues Führungsgespann ersetzt werden sollen. Der frühere Profi Rolf Aldag und der US-Amerikaner Bob Stapleton, derzeit Coach des T-Mobile-Frauenteams, so die Zeitung, sollen in Zukunft die taktischen und personellen Entscheidungen der Mannschaft treffen. T-Mobile-Sprecher Christian Frommert wollte zwar eine geplante Kündigung Ludwigs zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigen. Er gab jedoch zu, dass Stapleton und Aldag in Zukunft Ludwig „beraten“ sollen. „Über alles wird gesprochen“, sagte Frommert vieldeutig.

Als Grund für die anstehende Personalumschichtung vermutet „L’Equipe“, dass es aus der Mannschaft massive Kritik an den taktischen Entscheidungen von Olaf Ludwig während der Tour gegeben hatte. So hatte T-Mobile etwa auf der großen Pyrenäenetappe im vorletzten Anstieg mit großem Kraftaufwand das Feld kontrolliert. Am entscheidenden Schlussanstieg aber war ein sichtlich kämpfender Andreas Klöden auf sich alleine gestellt.

Einen Machtkampf der Fahrer gegen Ludwig, der sich nun zu einer Rebellion auszuweiten scheint, zeichnete sich schon zu Beginn der Tour ab. Nachdem die Suspendierung Jan Ullrichs und Oscar Sevillas bekannt geworden war, hatten sich die sieben Restfahrer zu einer gemeinsamen Trainingsausfahrt zurückgezogen, um zu beraten, ob sie diese Tour überhaupt fahren wollen. Danach teilte Matthias Kessler, der offenbar neue starke Mann in der Mannschaft, Olaf Ludwig mit, dass und wie die Mannschaft die Tour zu fahren gedenke. „Wir wollen mitfahren und wir wollen um den Sieg fahren“, sagte Kessler. So war Ludwig von Anfang an zum Betreuer eines Teams degradiert, das sich weitgehend selbst regiert.

Ludwigs Autorität schien jedoch nicht nur von der Fahrerseite untergraben zu werden. Der Konzernsprecher Christian Frommert hatte dem Team und somit auch dem Teamchef schon vor Monaten die Außendarstellung völlig aus der Hand genommen. Während der Tour gewann man zunehmend den Eindruck, dass T-Mobile Ludwig als PR-Risiko sehe und daher möglichst aus der Öffentlichkeit heraushalten wollte. Ludwigs bisweilen zögerliche und defensive Äußerungen zu den Dopinganschuldigungen gegen Ullrich passten häufig schlecht in die neue T-Mobile-Politik, sich als entschlossener Dopingbekämpfer darzustellen. Erst am Freitag hatte Ludwig gesagt, dass er grundsätzlich eine Versöhnung des Rennstalls mit Ullrich nicht ausschließe, falls Ullrich seine Unschuld beweise. Die Äußerung kam nur Stunden, nachdem die T-Mobile-Anwälte im Eilverfahren die Kündigung Jan Ullrichs eingeleitet hatten.

Nach der Entlassung von Ullrich will man am Firmensitz von T-Mobile in Bonn offenkundig nicht Halt machen, bevor der Rennstall von Grund auf umstrukturiert ist. Konzernsprecher Frommert sprach von einer „grundlegenden Prüfung aller Strukturen und Personen“ sowie einem gewünschten „Klinsmann-Effekt“. Offen ist dabei anscheinend auch noch, welche Rolle der Tour-Dritte Andreas Klöden in Zukunft spielen soll. Ende der vergangenen Woche hatte sich Klöden darüber beklagt, dass ihm Angebote für das kommende Jahr von allen möglichen Rennställen vorlägen, nur nicht von seinem eigenen. Olaf Ludwig sagte dazu, dass man Klöden nach der Tour wie geplant einen Vorschlag machen werde. Ob Ludwig überhaupt noch befugt sein wird, mit Klöden zu verhandeln, ist allerdings derzeit so offen, wie alles andere bei T-Mobile.

Möglicherweise hat man in Bonn nur ungern gehört, wie Klöden sich während der Tour immer wieder öffentlich zu seiner Freundschaft mit Jan Ullrich bekannt hat. Mehrmals hatte Klöden betont, dass er für Ullrich fahre. Am Samstag sagte Klöden, er glaube, dass T-Mobile mit Ullrich den Toursieger gestellt hätte. Das klang für gewisse Ohren in Bonn mit Sicherheit ein wenig zu sehr nach Kritik.

Sebastian Moll

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