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Breite Brust. Przemyslaw Tyton

© firo Sportphoto

Sport: Tänzer zwischen den Pfosten

Przemyslaw Tyton hat seine Chance genutzt. Nach seiner Elfmeter-Parade gegen Griechenland ruhen die Hoffnungen der Polen auf ihrem Ersatztorwart.

Krzysztof Jakubczak glaubt an eine große Zukunft für Przemyslaw Tyton. Seit dem Abend des Eröffnungsspiels der Polen gegen Griechenland und dem gehaltenen Elfmeter ist das keine allzu gewagte Prognose mehr. Aber Jakubczak ist Tytons Berater und verspricht sich womöglich etwas mehr von seinem Klienten – und weiß natürlich auch mehr als andere. Zum Beispiel von einem Angebot eines großen italienischen Vereins, der den neuen Helden des polnischen Fußball verpflichten könnte, wenn der PSV Eindhoven ihn gehen ließe.

Auch falls es mit dem Wechsel nicht klappt, stehen Tyton aufregende Zeiten bevor. Der neue Mann im Tor der Polen hat eine Menge Potenzial, ein großer Torhüter zu werden. Es ist ein Nachweis besonderer Qualität, wenn ein Torwart direkt von der Bank kommt und sofort Elfmeter hält. Sechs der letzten 16 Strafstöße, die es gegen ihn gab, konnte der 25-Jährige abwehren. „Ich ging auf den Platz und dachte: Cool, endlich kann ich dem Team helfen“, erzählte Tyton.

Tyton befindet sich seit der U 15 in der Obhut des polnischen Verbandes und durchlief alle Jugend und Junioren-Nationalteams. Mit Fußball kam der Quereinsteiger Tyton in seiner Jugend erst in Berührung, weil alle seine Freunde diesen Sport betrieben. Vorher galt seine Leidenschaft dem Tanzen. Der Mann, der mit seinen 1,95 Meter Körpergröße am Freitagabend so gekonnt in die linke Torwartecke sprang, war mit Leib und Seele Paartänzer und trainierte jeden Tag.

Der Disziplinwechsel zahlte sich aus. Heute tanzt Tyton durch den Strafraum und fällt durch eine besondere Schnelligkeit und Geschmeidigkeit auf, was in der Partie gegen die Griechen für Polen von unschätzbarem Wert war. Als Polens Stammkeeper Wojciech Szczesny vom FC Arsenal in der 69. Minute wegen einer Notbremse gegen Dimitris Salpingidis die Rote Karte sah, beorderte Nationaltrainer Franciszek Smuda Tyton ins Tor. Szczesny wird eine Sperre erhalten, das ist sicher. Ob Tyton auch nach deren Ablauf weiterspielen darf, dagegen nicht. Fürs Erste verknüpfen sich jetzt aber fast alle polnischen Hoffnungen mit ihm, auch wenn diese nach dem 1:1 etwas kleiner geworden sind. Die als Helden vorgesehenen Dortmunder Meisterspieler wirkten in der zweiten Hälfte nach einer langen Saison müde und kraftlos. „Er hat uns am Leben gehalten“, sagte Robert Lewandowski. „Vielleicht haben wir uns zu sicher gefühlt“, meinte der Dortmunder Lukas Piszczek, der so müde umherschlich wie Lewandowski und Jakub Blaszczykowski.

Tyton dagegen verfügt noch über Reserven. Er hat schon oft eine gewisse Hartnäckigkeit bewiesen. In Kerkrade verdrängte er die Nummer eins ebenso wie später in Eindhoven. Nun könnte er die EM-Bühne zum großen Karrieresprung nutzen. Dabei waren die Erwartungen an ihn nicht allzu hoch, weil er nach einer Schulterverletzung im September 2011 mehrere Monate fehlte und alle wichtigen Länderspiele verpasste. Der gehaltene Elfmeter war für ihn ein Sprung zurück ins Torwartleben.

Ob nun Polen den Höhenflug der neuen Nummer eins nutzen kann, um den großen EM-Frust zu vermeiden, wird sich kommenden Donnerstag gegen Russland in Posen zeigen. „Dafür wird Przemyslaw alles tun“, glaubt Krzysztof Jakubczak. „Wir alle haben uns für ihn gefreut, als er den Elfmeter gehalten hat. Aber alle waren auch traurig, dass das mit der Roten Karte passiert ist. Das war nicht gut für Polen.“ Aber womöglich gut für Przemyslaw Tyton.

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