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Sport: Taktik und Disko

Welche Lehren die Nationalmannschaft aus der jüngsten Niederlage gegen die Slowakei zieht

Wenn das so weiter geht mit Bundestrainer Jürgen Klinsmann und seinem Einfluss auf die deutsche Nationalmannschaft, wird man wohl bald zu einer vollständigen Neubewertung des Charakters von Fußball-Nationalspielern kommen. Von wegen bequem, satt und selbstzufrieden. Am Dienstagmorgen hatte der Trainerstab eine zusätzliche Trainingseinheit im Fitnessbereich des Mannschaftshotels angeboten. Es meldeten sich gleich 14 Freiwillige. „Man spürt bei der Mannschaft, dass sie sich rehabilitieren will“, sagt Assistenztrainer Joachim Löw vor dem Länderspiel heute gegen Südafrika im Bremen Weserstadion (20.30 Uhr, live in der ARD).

Der Aufenthalt der Nationalmannschaft in Bremen steht im Zeichen großer Entschlossenheit. Die deutschen Fußballer wissen seit dem Wochenende, dass es für sie bis zur WM keine belanglosen Spiele mehr gibt. Die Niederlage in der Slowakei hat eine Art nationalen Notstand ausgelöst, und das einzig Erfreuliche ist, dass die Mannschaft die Stimmung nur vier Tage später schon wieder ins Positive wenden kann.

Für dieses Ziel haben die Nationalspieler hart gearbeitet. Am Montag trainierten sie gleich zweimal, wobei die Schulung des taktischen Verhaltens breiten Raum einnahm. „Ein paar elementare Dinge“ wurden geübt, berichtete Joachim Löw, vor allem mit den Abwehrspielern: das Verschieben ihrer Viererformation, das Rausrücken, die Abstimmung untereinander. Gegen Südafrika werden Lukas Sinkiewicz und Marcell Jansen erstmals von Beginn an in der Viererkette spielen, auch Lukas Podolski rückt in die Startelf.

Die personellen Veränderungen sind eine wohl notwendige Reaktion des Bundestrainer, doch mehr noch als der Schwäche einzelner Spieler war der dünne Auftritt in Bratislava der mangelnden taktischen Disziplin der ganzen Mannschaft geschuldet. Bestes Beispiel war das Tor zum 2:0 der Slowaken, das nach einer Ecke für die Deutschen fiel. „Alle Spieler müssen nach einem Ballverlust in höchstem Tempo hinter den Ball kommen, um die Grundordnung wieder einzunehmen“, fordert Löw. Thomas Hitzlsperger beklagte, dass viele nicht bereit gewesen seien, „für den Nebenmann die Fehler auszubügeln“. Es mangelte auch an der Absprache untereinander. Mehr interne Kommunikation verlangt Löw – nicht im Flüsterton, „dazu muss Diskolautstärke vorhanden sein“.

Die taktischen Probleme sind nicht neu. Auch beim Confed-Cup war die Freude über das mutige Offensivspiel zumindest anfangs getrübt durch mangelhaftes Defensivverhalten. Allerdings hat die Mannschaft auch gezeigt, dass sie über Selbstheilungskräfte verfügt, um mit diesem Defizit fertig zu werden. Dem harakirihaften 4:3 gegen Australien folgte drei Tage später ein defensiv überzeugendes 3:0 gegen Tunesien. Mehr miteinander reden, entschiedener auftreten, sich gegenseitig helfen – das sind die Sofortmaßnahmen, die die Spieler gegen Südafrika kurzfristig umsetzen sollen.

Die Planung der Südafrikaner am Tag vor dem Spiel sah dagegen keine außergewöhnlichen Belastungen vor. Der Verbindungsmann des Deutschen Fußball-Bundes berichtete, dass um ein Uhr mittags ein Light Lunch serviert wurde, als nächster Programmpunkt folgte um 17 Uhr das Dinner. Essen spielt bei den Südafrikanern offenbar eine große Rolle. Nationalspieler Delron Buckley wurde am Montag weit nach Mitternacht am Bremer Hauptbahnhof gesichtet, als er sich an einer Gyros-Bude mit Proviant versorgte. Das zeigt, wie belanglos die Begegnung für die Südafrikaner ist. Sie wissen seit dem Wochenende, dass sie bei der WM im nächsten Jahr nicht dabei sind.

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