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Sport: Tatort Stadion

Im Fußball-Bestechungsskandal steht die neue Münchner WM-Arena im Fokus der Ermittler

Am Dienstagabend stand Uli Hoeneß im Bernabeu-Stadion von Madrid und machte ein ernstes Gesicht. Während die Profis vom FC Bayern für das Champions-League-Spiel bei Real Madrid trainierten, war der Fußballmanager besorgt über die Ereignisse in München. „Wir prüfen, ob wir auch Anzeige erstatten“, sagte Hoeneß auf Nachfrage. Dann schüttelte er den Kopf.

Es geht um Schmiergelder in Millionenhöhe, es geht um Korruption. Am frühen Morgen wurden Karl-Heinz Wildmoser, Präsident des TSV 1860 und sportlicher Konkurrent der Bayern, und dessen Sohn Karl-Heinz Wildmoser junior vorläufig festgenommen. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt sie der Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Wildmoser junior ist Geschäftsführer der Gesellschaft, die das neue Münchner Stadion, die Allianz-Arena im Norden der Stadt, betreibt. Gesellschafter sind die beiden Vereine FC Bayern und TSV 1860.

Bei der Ausschreibung soll Wildmoser senior geheime Informationen an die Baufirma Alpine weitergegeben haben. Diese bekam prompt den Auftrag für die 280 Millionen Euro teure Arena – nach Ansicht der Ermittler zum „deutlich überhöhten Preis“. Im Gegenzug soll ein Prozent der Bausumme, also 2,8 Millionen Euro, auf diverse Konten geflossen sein. Insgesamt vier Männer wurden verhaftet, ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen. Zu den Beschuldigten zählt ein „Schulfreund des Junior“. Er soll gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Immobilienfirma der Wildmosers in Dresden die Geschäfte als Strohmann abgewickelt haben. Einer von ihnen ist bereits geständig und wurde am Abend wieder freigelassen.

Schon vor einer Woche gab es Irritationen in München, als Fritz Scherer, der neben Wildmoser junior Geschäftsführer der Stadion GmbH war, von seinem Amt aus „persönlichen und gesundheitlichen Gründen“ zurücktrat. Gestern wies er einen Zusammenhang mit den Ermittlungen zurück. Die Polizei betont, dass gegen den FC Bayern nicht ermittelt werde. Das Münchner Landeskriminalamt gab bekannt, dass die Büros des Klubs zwar durchsucht wurden, die Maßnahme aber nur zur „Auffindung von Beweismaterial“ diente. Die Geschäftsstelle des TSV 1860 blieb gestern geschlossen. Der Verein sei dennoch handlungsfähig, sagte Sportdirektor Dirk Dufner.

In der neuen Allianz-Arena, die in einem Jahr fertig wird, soll das Eröffnungsspiel der Fußball-WM 2006 stattfinden. „Das Bauvorhaben ist in keiner Weise gefährdet“, sagte Wolfgang Niersbach, Vizepräsident des WM-Organisationskomitees. Allerdings gab Niersbach zu: „Von den Ermittlungen war uns nichts bekannt.“ Im Münchner Rathaus und den anderen WM-Städten herrschte Entsetzen. „Das ist schlimm für die WM“, hieß es in Berliner Senatskreisen. Um ähnliche Skandale zu verhindern, werden derzeit alle Geschäfte der Berliner Olympiastadion GmbH überprüft.

Den Zuschlag für das Münchner Stadion, das direkt an der Autobahn A 9 liegt, aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen ist, erhielt die Bietergemeinschaft Alpine Bau Deutschland GmbH im Verbund mit den Schweizer Architekten Herzog und de Meuron sowie der HVB Immobilien AG. Auf die Frage, ob diese noch tragbar seien, antwortete Münchens Oberbürgermeister Christian Ude: „Eine andere Möglichkeit kann ich mir nicht vorstellen.“

Der Rohbau der Arena, die während der WM „Stadion München“ heißen soll, ist fertig, die Arbeiten am Dach sind weit vorangeschritten. Beim Versicherungskonzern Allianz, der die Namensrechte für 90 Millionen Euro bis 2021 erwarb, reagierten die Verantwortlichen „überrascht“. Man hoffe, an den Vorwürfen sei „nichts dran“.

Uli Hoeneß scheint das nicht recht zu glauben. Sollte sein Verein Anzeige gegen Wildmoser und die Baufirma Alpine stellen, werden sich der TSV 1860 und der FC Bayern München womöglich vor Gericht wiedersehen. Wenn Wildmoser dann noch Präsident von 1860 ist.

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