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Sport: Tea for six

Philip Anschutz versammelt seine Eishockeyclubs in London

Von Claus Vetter

Berlin. Welche Quelle Philip Anschutz auch anbohrt, meistens wird er fündig. Das war schon damals so, in den Sechzigerjahren, in seiner Heimat im US-Bundesstaat Kansas. Das Universitäts-Diplom der Finanzwissenschaften hatte der junge Philip gerade in der Tasche, da kümmerte er sich schon um die Ölgeschäfte des erkrankten Vaters. Mit Erfolg, trotz hohen Risikos. Dies sei im Ölgeschäft aber nun einmal notwendig, hat Anschutz einmal gesagt: „Wenn du Probebohrungen machst, liegst du in 95 Prozent der Fälle daneben: Die meisten Löcher sind trocken.“ Die meisten Löcher waren bei Anschutz nicht trocken. Der 63-jährige gilt heute als einer der reichsten Männer Amerikas. Der in Denver ansässige Unternehmer hat ein weit verästeltes Firmenimperium aufgebaut: Eisbahnen, Unterhaltungskonzerne, eine Filmfirma und Sportklubs gehören dazu.

Einer davon ist der EHC Eisbären Berlin. Seit 1999 untersteht der Eishockeyklub der Anschutz Entertainment Group. „Anschutz hat mehr Spielzeug, als die meisten Menschen in verschiedenen Leben benutzen könnten“, stand einmal im amerikanischen Magazin „Fortune“. Wenn es so ist, darf sich beim EHC niemand über Vernachlässigung beklagen. Schließlich schaut der Chef fast jede Saison im Sportforum Hohenschönhausen vorbei – inkognito. Rummel ist nicht die Sache des Philip Anschutz. Dies musste auch der ehemalige Generalbevollmächtigte der Eisbären, Martin Müller feststellen. „Der will seine Chips essen, mit ein paar Leuten quatschen, aber sonst seine Ruhe haben“, sagt Müller.

Anschutz ist Sportfan. In den USA gehören ihm die Los Angeles Kings aus der Eishockeyprofiliga NHL und einige Klubs der Fußballliga MLS. In Europa ist Anschutz Eigner des Fußballvereins Sparta Prag und von sechs Eishockeyklubs. Das reicht fast für eine firmeninterne Liga. Zumindest zur Saisonvorbereitung gibt es die schon: Von Donnerstag bis Sonntag spielen die Eisbären, die Hamburg Freezers, die Geneva Eagles, Hammarby Stockholm, Sparta Prag und Gastgeber London Knights am Hauptsitz der europäischen Filiale von Anschutz um den Firmencup. Dass der Boss in London vorbeischaut, ist sicher. Am liebsten natürlich inkognito.

Den Eisbären kann die Öffentlichkeitsscheue ihres Chefs egal sein, Hauptsache, Anschutz hat in Berlin Großes und damit auch Öffentlichkeitswirksames vor. Anschutz, der den Klub 1999 mit dem Kauf vor dem Konkurs rettete, will am Ostbahnhof bekanntlich eine Mehrzweckhalle für 16 500 Zuschauer errichten. Dort sollen die Eisbären in drei Jahren spielen, erste Bauarbeiten auf dem Gelände sollen voraussichtlich schon im Oktober beginnen.

Anderorts ist Anschutz schon weiter. In London hat seine Gruppe unlängst den Millennium Dome erworben. Nach der Jahrtausendwende hatte das Prestigebauwerk der Briten ausgedient. Dort soll nach Ende der Umbauarbeiten eine Halle für 20 000 Menschen entstehen, und natürlich soll Eishockey gespielt werden.

Doch auch beim erfolgsverwöhnten Unternehmer funktioniert nicht immer alles. Unlängst erfuhr er mit seiner Filmfirma „Quest“ einen Verlust in Milliardenhöhe. Auch im Sport läuft es nicht immer nach Wunsch: Der Unternehmer Anschutz ist der Vorgesetzte des Sportfans Anschutz. Dies hat selbst seine Ehefrau erleben müssen, als sie sich einen Spieler für ihr Lieblingsteam, die Kings, gewünscht hatte. Dem Ehemann waren die Gehaltsvorstellungen des betreffenden Herrn zu hoch, er nahm ihn nicht.

Rentiert er sich nicht, dann wird schon mal ein Klub dichtgemacht – oder umgesiedelt. So ist es im Sommer den München Barons ergangen: Der Anschutz-Klub hatte trotz sportlicher Erfolge über drei Jahre nur Minus eingefahren. München musste nach Hamburg umziehen – ganz nach amerikanischem Muster. Die Freezers sollen nun in einer im November fertiggestellten Großarena in Hamburg größeren finanziellen Erfolg haben als die Barons in München. Wenn das nicht klappt? Dann kann es auch an der Elbe ganz schnell gehen. So ist das mit Spielzeugen, die nicht mehr funktionieren. Sie werden zur Seite gelegt.

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