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Meistens vorne. Das Team Neuseeland.

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Team Neuseeland siegt in der Vorrunde: Beim America's Cup kommt es zur Revanche

Favorit Neuseeland setzt sich im Kreis der Herausforderer durch und segelt nun im America’s Cup gegen Titelverteidiger USA.

Man könnte es das längste Vorgeplänkel der Welt nennen. Um den America’s Cup zu gewinnen, müssen sich die Herausforderer erst einmal einigen, wer von ihnen gegen den Titelverteidiger antreten darf. In diesem Kreis der Aspiranten haben sich schon alle möglichen Nationen versucht. Auch Deutschland, wenn auch nur einmal. Was vor 165 Jahren als britisch-amerikanisches Duell begonnen hat, ist seit 1988 eigentlich immer eine Angelegenheit, an der die Neuseeländer beteiligt sind. Einmal haben sie den „old mug“ genannten Silberpokal in den 90er Jahren gewonnen, ihn einmal erfolgreich verteidigt. Seit 2003 wollen sie ihn zurückholen – und gingen jedesmal als stärkster Bewerber aus den Ausscheidungsregatten hervor. So ist es auch diesmal gekommen.

Nach einer ungemein verlässlichen Vorrunde, in der sie ebenso viele Siege einheimsten wie die Amerikaner, knöpften sich die Kiwis zunächst die Briten um Ben Ainslie vor. Der bekam sein tückisches Gefährt nie richtig in den Griff. Nur einmal, als er den jungen neuseeländischen Skipper Peter Burling bei starken Winden an der Startlinie unter Druck setzte, verlor der die Nerven und kenterte spektakulär mit dem 45-Fuß-Katamaran. Auch ein weiteres Rennen gewann er nach Problemen der Burling-Crew. Aber sonst blieb die weitgehend fehlerlos. Und sie ließ sich auch nicht von technischen Rückschlägen beeindrucken. Nicht nur, dass die Techniker das nach der Kenterung zerfledderte Boot binnen einer Nacht wieder herrichteten, die Segelcrew schien von all den Kinderkrankheiten der Technik verschon zu bleiben, die ihre Konkurrenten öfters mal zurückwarfen.

Burling musste sich bei seinen Starts nicht mal bemühen, als erster über die Linie zu rasen. Das Vertrauen in das höhere Geschwindigkeitspotenzial seines Bootes zahlte sich meist ziemlich bald aus. Die Neuseeländer scheinen eine effektive Lösung mit ihrem ungewöhnlichen Rückgriff auf die Fahrradtechnik gefunden zu haben. Wie ein Bahnradvierer treten die Jungs, den Oberkörper aerodynamisch nach vorne gebeugt in die Pedalen und füttern die Hydrauliksysteme an Bord mit Energie, ohne die der Katamaran nicht gesegelt werden kann. Das sorgt für ein enorm stabiles Segelverhalten.

Einer konnte mithalten

Nur die Schweden um Steuermann Nathan Outeridge konnten dem eine gewisse Zeit lang Paroli bieten. Sie hatten im Halbfinale immerhin das japanische Team um Routinier Dean Barker in einem Kopf-an-Kopf-Duell 5:3 niedergerungen. In der Finalbegegnung mit Neuseeland sah es auch lange so aus, als sei die Sache ausgeglichen. Nach fünf Rennen stand es 3:2 für Burling. Da beharkten sich zwei Rivalen nach allen Regeln der Kunst. Kämpften der Australier Outeridge und sein Kontrahent Burling doch bereits seit Jahrzehnten in derselben Bootsklasse der 49er gegeneinander und wussten als Trainingspartner um die geheimsten Schwächen des anderen. Beide sind jeweils olympische Gold- und Silbermedaillengewinner von London und Rio – und in die America’s-Cup-Teams brachten beide ihre Vorschoter mit.

Die Freude danach.
Die Freude danach.

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So eng war ihr Zweikampf mit ständigen Führungswechseln, dass ungewöhnlich viele Strafen für Vorentscheidungen sorgten, oft zu Ungunsten der Schweden. Die hatten das Problem, dass ihnen ein anfänglicher Vorsprung, meisterhaft in der Beschleunigungsphase nach dem Start gewonnen, meist wieder zerrann und sie unter Druck unverzeihliche Fehler machten. Einmal rutsche Steuermann Outeridge unglücklich im Schwung eines Wendemanövers über den Rumpf hinweg und landete im Wasser. Ohne Steuermann kann man nicht gewinnen. Meist waren es aber nur minimale Unsauberkeiten bei den Manövern, die sie verpatzten. Bei den hohen Geschwindigkeiten von bis zu 40 Knoten (72 Stundenkilometern) sind Fehler heute - auch für Laien - besser erkennbar als je zuvor. Schließlich mussten die Kiwis am Montag nur noch ein Rennen gewinnen, um auf die benötigten fünf Siege zu kommen.

5:2 stand es am Ende

Diesmal setzte sich Burling auch am Start besser durch. Nachdem ein erstes Rennen in völliger Windstille abgebrochen werden musste, fuhr Outeridge auch im zweiten nur hinterher, ohne eine Idee für eine Gegenwehr zu haben. Kräftige Winddreher machten ihm das Leben zusätzlich schwer. Und es zeigte sich Burlings großes taktisches Talent, als er für den erwarteten Richtungswechsel des Windes sogar ein zusätzliches Manöver und Streckenverluste in Kauf nahm. Er wurde reichlich belohnt. Mit einem ungefährdeten 5:2-Erfolg qualifizierte er sich für den Hauptkampf. Und die Revanche.

Denn nun kommt es ab Samstag zur Wiederauflage des Duells von San Francisco, das die Neuseeländer – 2013 noch angeführt von Dean Barker – legendär verloren. Damals fehlte ihnen nur ein Sieg, um die Krone des Segelsports wieder auf die Südhalbkugel zu entführen. Aber sie schafften es acht mal nicht, ihn zu erringen.

In der Vorrunde war Burling chancenlos gegen Jimmy Spithill, der das Oracle-Team abermals anführt. Doch sieht sich der 26-jährige Neuseeländer auf einer Mission. Der Cup gehöre nun mal in sein kleines Land, sagte er nach dem Finalsieg und sah mit seinem weiß eingecremten Sunblocker-Gesicht wie ein überbehütetes Kind aus. Die schmerzhafte Niederlage vor vier Jahren habe das Team stärker denn je gemacht, glauben die Neuseeländer. Doch ihr Weg ins Finale bestätigt die Regel, die man aus dem Boxen kennt: Ein Plan ist gut, bis du den ersten Treffer einsteckst. Selten ist der Ausgang von Segelrennen auf diesem Niveau so ungewiss wie diesmal. Selbst ein Rennen, das schon gewonnen scheint, kann durch eine Kleinigkeit kippen.

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