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Trotz der Viertelfinalniederlage von Toronto erreichte Andrea Petkovic in dieser Woche als erste Deutsche seit elf Jahren die Top Ten der Weltrangliste.

© dapd

Tennis: Drei Asse trumpfen auf

Andrea Petkovic, Sabine Lisicki und Julia Görges haben sich in der Tennis-Elite etabliert – davon dürfte vor allem das deutsche Fed-Cup-Team profitieren

Andrea Petkovic ist die Erste, die es geschafft hat. Seit Montag wird die 23-Jährige auf Platz zehn der Weltrangliste geführt. Seit Anke Huber im Oktober 2000 war das keiner deutschen Spielerin mehr gelungen. Ein großer Erfolg für das deutsche Tennis, ein wichtiger Schritt für Petkovic. „Es ist eine tolle Errungenschaft“, sagte Petkovic, „aber ich glaube auch, dass ich noch sehr viel Arbeit vor mir habe und viele Dinge verbessern muss.“ Zum Beispiel ihre Bilanz gegen Agnieszka Radwanska. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche scheiterte sie an der Polin – am Freitagabend war im Viertelfinale von Toronto nach dem 4:6, 3:6 Schluss. „Ich habe wieder was gelernt für das nächste Match gegen sie“, erklärte Petkovic. Helfen dürfte ihr auch, dass sie nicht allein ist in der Tenniselite.

Auch Julia Görges und Sabine Lisicki kratzen auf den Positionen 20 und 21 der Rangliste an der absoluten Weltspitze. Die drei deutschen Frauen, alle zwischen 21 und 23 Jahre alt, ziehen sich gegenseitig mit. Und es hilft ihnen, dass die Hoffnungen auf erfolgreichere Zeiten im deutschen Tennis nicht mehr allein auf einer von ihnen lastet.

Sabine Lisicki weiß, wie schwer das sein kann. Die heute 21-Jährige hatte sich bereits vor zwei Jahren in ähnliche Regionen der Weltrangliste vorgespielt. Schnell waren die alten Vergleiche mit Steffi Graf zur Hand, an denen eine junge Karriere eigentlich nur scheitern kann. Es folgte der Absturz, verletzungsbedingt rangierte sie zeitweise auf Rang 218 der Welt. Spätestens mit ihrem Halbfinaleinzug in diesem Jahr in Wimbledon hat sie sich nach qualvollen Monaten wieder zurückgemeldet in der Weltspitze. Nur mit einer Wildcard gestartet, unterlag sie in Wimbledon erst der Russin Maria Scharapowa im Halbfinale und kam auch im Doppel mit Samantha Stosur bis ins Finale. „Es ist großartig zu sehen, dass all die harte Arbeit sich auszahlt“, sagte Lisicki. „Vor allem, nachdem ich so lange verletzt war. Es ist ein tolles Gefühl, auf dem Platz zurück zu sein und wieder Spaß zu haben.“

Die entscheidende Frage ist nun, ob Lisicki dauerhaft erfolgreich sein kann. Die Berlinerin wird für ihr Alter sehr oft von Verletzungen heimgesucht, die Schulter und der Knöchel bereiten ihr immer wieder Probleme. Auch ihre Fed-Cup-Kolleginnen Andrea Petkovic und Julia Görges benötigen nun vor allem Konstanz. Petkovic hat noch immer ihre Aussetzer, die bei einer Top-Ten-Spielerin eigentlich nicht mehr passieren dürfen. Wie kürzlich in Wimbledon, als sie mit einer vielversprechenden Auslosung in der dritten Runde gegen die Russin Ksenia Pervak verlor. Petkovic hat oft zu viele andere Dinge im Kopf und kann sich technisch noch verbessern.

Sabine Lisicki spielte sich bereits vor zwei Jahren in die höheren Gefilde der Weltrangliste, ehe sie zeitweise bis auf Rang 218 zurückfiel.
Sabine Lisicki spielte sich bereits vor zwei Jahren in die höheren Gefilde der Weltrangliste, ehe sie zeitweise bis auf Rang 218 zurückfiel.

© AFP

Ähnlich erging es in Wimbledon Julia Görges, für die ebenfalls in der dritten Runde gegen die Slowakin Dominika Cibulkova Schluss war. Die stille Görges, die sich lange viel zu sehr einschüchtern ließ von großen Kulissen und großen Namen, hat mit Sascha Nensel, der sie seit 2009 trainiert, mental große Fortschritte gemacht. Doch auch der 22-Jährigen fehlt im entscheidenden Moment häufig noch die letzte Konsequenz. In Wimbledon war dann auf einmal Sabine Lisicki da und lenkte von Görges und Petkovic ab, denen viel mehr zugetraut worden war als der Berlinerin. Von diesem neuen Dreiklang profitiert jede von ihnen, denn er gibt ihnen Zeit, weiter an sich zu arbeiten. Wenn eine mal patzt, ist die andere zur Stelle und notfalls die Dritte – so könnte es im Idealfall aussehen in den kommenden Jahren.

Allen dreien kommt zudem zugute, dass es dem Frauentennis seit einigen Jahren an echten Spitzenspielerinnen fehlt. Die Williams-Schwestern sind nur noch sporadisch auf der Tour unterwegs, ebenso die Belgierin Kim Clijsters. Sie alle werden in nicht allzu ferner Zukunft aufhören und eine große Lücke hinterlassen. Die aktuelle Nummer eins, Caroline Wozniacki aus Dänemark, hat große Formschwankungen und überdies noch kein Grand-Slam-Turnier gewonnen.

Zumindest die vorsichtige Hoffnung auf Erfolge für deutsche Spielerinnen bei Grand-Slam-Turnieren ist nun wieder erlaubt. Gleiches gilt für den Fed-Cup. „Es ist großartig, dass wir nun drei Mädels haben, die so gut spielen, und wir können alle noch besser werden“, sagt Lisicki. In diesem Jahr haben die deutschen Frauen mit zwei souveränen Siegen gegen Slowenien und die USA den Wiederaufstieg in die Weltgruppe geschafft. Und selbst das harte Los gegen den diesjährigen Finalteilnehmer Tschechien muss dem Team von Barbara Rittner in dieser Besetzung keine Angst mehr machen. Wo das Heimspiel am 4. und 5. Februar ausgetragen wird, steht noch nicht fest. Wohin es gehen soll, aber schon. „Unser Ziel ist der Titel“, sagt Petkovic. Erstmals seit langer Zeit scheint das gar nicht mehr so unrealistisch.

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