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Tennis: Ein Flug ins Ungewisse

Der Deutsche Tennis-Bund kämpft in Amerika um den Status des Hamburger Turniers am Rothenbaum und um seine Zukunft.

Berlin – An diesem Montag wird um ein Stück Zukunft des deutschen Tennis gekämpft, nicht auf einem Platz vor vielen Zuschauern, sondern vor einem Gericht, weit weg im amerikanischen Philadelphia. An der Ostküste vor dem Revisionsgericht streitet der Deutsche Tennis-Bund (DTB) darum, wie viel Geld ihm vorerst bleibt, um seinen Sport in Deutschland wieder nach oben zu führen. Sein Gegner ist dabei keine böse Macht, sondern die internationale Tennisspieler-Organisation ATP.

Das Duell geht bereits in die zweite Runde – und bis jetzt hat der DTB nur verloren: Die ATP hat dem Turnier am Hamburger Rothenbaum ohne Entschädigung den Masters-Status entzogen und es auf einen unbeliebten Termin im Sommer verlegt.

Doch damit nicht genug. Der Prozess hat den DTB in eine tiefe finanzielle Krise gestürzt. 2,7 Millionen Euro hat der DTB bislang an Anwaltskosten ausgeben müssen. „Ich würde auch lieber unser Geld ins Tennis stecken als in Anwaltskosten“, sagte DTB-Präsident Georg von Waldenfels, bevor er am Wochenende ins Flugzeug Richtung Amerika gestiegen ist. Den stattlichen Betrag von 712 000 Euro ist der DTB den Rechtsanwälten noch schuldig. „Es geht noch nicht um Sein oder Nichtsein, aber darum, wie viel wir noch ins Tennis investieren können“, sagt Ulrich Kroeker, der für Finanzen zuständige Vizepräsident des DTB. Als ob der DTB nicht genügend andere Sorgen hätte, zum Beispiel die, ob der Tennis-Verband Katar in diesem Jahr noch einmal die German Open der Damen in Berlin veranstalten will oder ob das Turnier am Ende ist.

Das Gericht in Wilmington hat nun angeregt, sich in einem Mediationsverfahren zu einigen. „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass wir für den Verlust des Masters-Status nicht entschädigt werden“, sagt Kroeker. Er hofft, dass die ATP inzwischen bereit ist, dem deutschen Verband wenigstens eine gewisse Summe als Ausgleich zu zahlen. Sollte der DTB auf seinen gesamten Kosten sitzen bleiben, hat er schon Vorkehrung getroffen. Er tritt das Erbbaurecht für sein Grundstück in Hamburg an den Club an der Alster ab. Mit dem Erlös von gut einer Million Euro könnte er die Verbindlichkeiten zahlen, also Anwaltskosten und 160 000 Euro im ersten Quartal für die deutschen Davis-Cup-Spieler.

Mit dem Club an der Alster ist sich der DTB einig, doch die Hamburger Bürgerschaft hat für dieses Geschäft Auflagen erteilt. „Die Stadt Hamburg wirft uns immer wieder Knüppel zwischen die Beine“, sagt Kroeker und droht sogar mit einem Wegzug der Bundesgeschäftsstelle aus Hamburg. „Wenn Hamburg uns nicht mehr will, dann könnte der DTB auch an seinen Gründungsort zurückkehren.“ Der DTB wurde 1902 in Berlin gegründet.

Wenigstens über das Hamburger Turnier hat der DTB nun einige Entscheidungen treffen können. Michael Stich soll das Turnier mit seiner Agentur HSE in den nächsten drei Jahren ausrichten und erhält eine Option für weitere zwei Jahre. Er löst damit seinen ehemaligen Davis-Cup-Teamkollegen Carl-Uwe Steeb als Turnierdirektor ab. Ein Sieg aus Stichs Karriere soll für die Zukunft des Hamburger Turniers Gutes verheißen: Er war 1993 der letzte deutsche Spieler, der das Turnier am Rothenbaum gewinnen konnte.

Das Turnier gilt als Prestigeobjekt des Verbandes, genau das verärgert auch einige Landesverbände, die im deutschen Tennis eine starke Stellung haben. „In Hamburg ist das Stadion am Anfang nur halbvoll und am Ende dann dreiviertelvoll, obwohl die Weltklasseleute gegen ein ander spielen. Aber der Markt gibt wohl nicht mehr her“, sagt Ulrich Lange, Präsident des Württembergischen Tennis-Bundes. „Man muss daher überlegen, ob es sinnvoll ist, so ein Turnier mit Gewalt zu betreiben.“ Zumal es in München, Stuttgart, Hal le und Düsseldorf vier erfolgreiche Herrenturniere in Deutschland gebe.

Es soll auch ein Kaufangebot für das Hamburger Turnier gegeben haben, dann wäre es in eine andere europäische Stadt abgezogen, angeblich für vier Millionen Euro. Wenn das Stadion jedoch drei Jahre nicht für ein großes Turnier genutzt wird, muss es laut Vertrag zurückgebaut werden. Die Abrisskosten betrügen laut Kroeker zwei Millionen Euro. Landesverbandspräsident Lange sieht in den DTB-Plänen jedenfalls keinen Ausweg aus der finanziellen Krise. Als sich das Präsidium unter dem ehemaligen bayerischen Finanzminister Waldenfels im November zur Wiederwahl stellte, stimmte er mit seinen Kollegen aus Westfalen und dem Tennisverband Nordwest (Bremen) dagegen. Friedhard Teuffel

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