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Novak Djokovic

© dpa

Tennis: Ein kleiner Schritt in eine neue Ära

Novak Djokovic träumt nach seinem Sieg bei den Australian Open davon, die Nummer eins im Tennis zu werden. Der Serbe glaubt, eine ganz bestimmte Fähigkeit zu besitzen.

Der Kampf ist beendet. Die Anspannung fällt von Novak Djokovic ab, an der Grundlinie sinkt er zu Boden. Alle Viere von sich gestreckt, bleibt er einen Moment liegen, versucht zu begreifen, was ihm da gerade gelungen ist. Drei Stunden lang hatte er unter dem Flutlicht der Rod Laver Arena in Melbourne Jo-Wilfried Tsonga gegenüber gestanden, fast schon wie zwei Boxer im Ring beharkten sich die beiden Tennisprofis. Der junge Franzose Tsonga, der aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Muhammad Ali von den Medien seinen Spitznamen bekam, machte der Boxlegende durchaus Ehre und verlangte Novak Djokovic in seinem ersten Grand-Slam-Finale alles ab. Es war ein Match auf Augenhöhe zwischen dem Außenseiter und der Nummer drei der Welt, doch der entscheidende Schlag sollte dem Favoriten gelingen. Mit 4:6, 6:4, 6:3 und 7:6 wurde Djokovic bei den Australian Open der erste serbische Sieger eines Grand-Slam-Turniers der Geschichte.

„Ich weiß, ihr wolltet vielleicht lieber, dass er gewinnt“, richtete sich Djokovic mit gespielter Trauermiene an die 15 000 Zuschauer, die Tsonga noch ein wenig mehr angefeuert hatten als ihn. „Aber ich liebe euch trotzdem“, fügte er mit lausbübischem Grinsen hinzu und hatte das Publikum sofort wieder für sich eingenommen. Es war das Finale, mit dem zu Beginn des Turniers wohl niemand gerechnet hatte, zu stark schien die Dominanz von Roger Federer und Rafael Nadal zu sein. Die letzten elf Grand-Slam-Titel hatte stets einer der beiden gewonnen. Djokovic wurde als neuer Herausforderer zwar gefürchtet, aber dass er Federer im Halbfinale tatsächlich, und sogar in drei Sätzen, würde bezwingen können, schien vorab schwer vorstellbar. Doch der Sieg auf großer Bühne gegen den scheinbar unschlagbaren Schweizer war offenbar der erste kleine Schritt in eine neue Ära.

Auf einmal sah sich der 20-jährige Serbe in seinem zweiten Grand-Slam-Finale in der für ihn ungewohnten Favoritenrolle. „Jeder erwartete von mir, dass ich gewinne. Den Druck habe ich gespürt, aber ich selbst wollte es ja unbedingt schaffen“, erklärte Djokovic. Für diesen Moment hatte er schon mit 13 Jahren im Münchner Trainingscamp von Niki Pilic härter gearbeitet als jeder andere, war getrieben von dem Gedanken, dass er die Nummer eins der Welt werden könne. Nach seinem rasanten Aufstieg im letzten Jahr und den beeindruckenden Leistungen in Melbourne scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis er an Federer und Nadal vorbeiziehen kann. „Ich bin sehr stolz auf mich, davon habe ich immer geträumt. Aber ich will jetzt nichts überstürzen, ich muss nicht alles weitere über Nacht erreichen. Ich bin noch jung und habe sicher noch 15 Jahre vor mir“, wiegelte Djokovic ab.

Noch überraschender als dessen Sieg war allerdings der Durchmarsch von Tsonga bei den Australian Open, der als Nummer 38 der Rangliste mit Andy Murray, Richard Gasquet, Michail Juschni und nicht zuletzt Nadal gleich reihenweise gesetzte Spieler eliminierte. Dass er die nahezu perfekte Vorstellung, die er gegen den Spanier im Halbfinale geboten hatte, nicht wiederholen konnte, war absehbar. Dennoch zeigte Tsonga, der zuvor noch nie bei einem Turnier mehr als drei Matches in Folge gewonnen hatte, keinerlei Nervenflattern und kämpfte verbissen bis zum letzten Punkt. Zu Beginn des dritten Satzes begannen sich die Kräfteverhältnisse langsam in Richtung des Serben zu verschieben. Tsonga schien ihn fast noch in einen fünften Satz zwingen zu können, doch im Tiebreak agierte er zu hastig, wollte zu viel. „Ich bin trotzdem stolz auf mich. Und ich werde es wieder versuchen. Einer musste eben heute verlieren“, sagte Tsonga.

Die Abgebrühtheit in den spielentscheidenden Szenen hatte ihm Djokovic noch voraus. „Zu wissen, dass ich in den wichtigen Momenten immer mein bestes Tennis spiele, ist ein sehr beruhigendes Gefühl“, sagte der Serbe, der spürt, dass ihm ein großer Schritt für die Zukunft gelungen ist: „Mein Traum hat sich erfüllt, ich bin jetzt der Champion. Der Druck ist jetzt von mir abgefallen. Ich werde viel entspannter zu den nächsten Turnieren fahren und kann ganz befreit spielen. Das ist ein enormer Vorteil.“

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