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Federer

© AFP

Tennis: Vorteil Asien

Tennis boomt in China. Es gilt als Symbol des sozialen Aufstiegs, seit 2004 hat sich die Spielerzahl verdoppelt. Die ATP setzt deshalb immer stärker auf den asiatischen Markt.

Beim Überreichen von Geschenken hat die Vereinigung der Profitennisspieler (ATP) noch Verbesserungsbedarf. Am Rande des Masters Cup in Schanghai musste der fürs internationale Geschäft zuständige ATP-Chef Brad Drewett vom Moderator darauf hingewiesen werden, dass er den soeben abgeholten gläsernen Pokal nicht behalten dürfe, sondern dem Vizedirektor der Schanghaier Sportverwaltung überreichen solle. Einen grünen Pokal, der tatsächlich für ihn war, übernahm er anschließend von seiner eigenen Mitarbeiterin. Und ignorierte den zur Übergabe bereitstehenden Vertreter der Schanghaier Stadtverwaltung. Dieser hatte immerhin die Trophäe spendiert.

Man sollte aber aus den fehlgeschlagenen Übergaben nicht schließen, dass das Verhältnis zwischen der ATP und den chinesischen Tennis-Verantwortlichen gestört wäre. Das Gegenteil ist der Fall, die Spielergewerkschaft setzt im kommenden Jahr so stark wie nie zuvor auf den asiatischen Markt. „Jeder weiß, dass in Asien in den nächsten drei, vier, fünf Jahren die Wachstumsregion der Welt liegt, deshalb versuchen wir unseren Sport in dieser Region so erfolgreich wie möglich wachsen zu lassen“, sagte Drew ett. Deshalb gibt es nach der Umstrukturierung der ATP-Tour 2009 erstmals einen größeren asiatischen Abschnitt.

„Die Turniere in Asien waren immer etwas durcheinander, wir wollten sie neu ordnen“, sagt Brad Drewett. Im nächsten Jahr können die Tennisprofis bei den Turnieren in Bangkok sowie einer noch auszuwählenden asiatischen Stadt, in Peking und Tokio und beim abschließenden Masters-1000-Turnier in Schanghai ab Ende September bis zu drei Wochen durch Asien touren. „Schanghai wird der Höhepunkt werden“, sagt Brad Drewett. Das Turnier ist anstelle von Hamburg in die Masters-1000-Serie aufgenommen worden. Die Profis können dort 1000 Punkte für die Weltrangliste sammeln und – für die Turnierdirektoren und Zuschauer wichtiger – müssen dort auch antreten.

Der Masters Cup, der in diesen Tagen zum fünften Mal in Schanghai ausgetragen wird, wandert 2009 für fünf Jahre nach London. Drewett versteht das aber nicht als Misstrauensvotum gegen Asien. „Wir sehen den Masters Cup als globalen Event an, den wir gerne mit verschiedenen Märkten teilen wollen, deshalb ist es wichtig, dass diese Veranstaltung zu den einzelnen Märkten kommt“, sagt Drew ett, der in Schanghai auch als Kandidat für den ATP-Chefposten gehandelt wird. Für den Tennisstandort Schanghai hingegen sei die Ausrichtung des Masters-1000-Turniers ein weiterer Fortschritt. „Es ist Zeit, dass Schanghai mehr Spieler zu sehen bekommt und ein dauerhaftes Turnier ausrichtet“, sagt Brad Drew ett. Gegenwärtig wird die Umgebung des beeindruckenden 15 000 Zuschauer fassenden Qi-Zhong-Stadions in der Peripherie der 18-Millionen-Einwohner-Stadt umgebaut für ein Freiluft-Turnier mit weiteren Plätzen.

Eine Investition in die Zukunft. Tennis boomt in China, seit 2004 hat sich die Zahl der Spieler auf 8,12 Millionen verdoppelt. Eine Million Kinder werden gegenwärtig in Nachwuchsprogrammen trainiert. Vor allem in der wachsenden Mittelschicht ist Tennis ein beliebter Sport, es besitzt ein elitäres Image und ist Symbol des sozialen Aufstiegs. Die Goldmedaille des chinesischen Frauen-Doppels Li Ting und Sun Tiantian in Athen 2004 hat den Aufschwung noch befördert. „Wir können den Bedarf an Tennisplätzen nicht mehr befriedigen“, sagt Sun Jinfang, Direktorin der Tennis-Sportverwaltung. Sie begrüßt deshalb, dass in zahlreichen Wohnanlagen Tennisplätze entstehen.

Drei Chinesinnen finden sich in dieser Saison unter den ersten 50 der Weltrangliste, Li Na ist auf Platz 23 beste Vertreterin ihres Landes. „Wir hoffen, dass es in nicht allzu ferner Zukunft auch ein chinesischer Spieler in die Top 100 schafft“, sagt Sun Jinfang, „das Schanghaier Masters-1000-Turnier kann dabei helfen.“

Der Tennis-Aufschwung in China kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt für die ATP. Die Finanzkrise hat auch für die Profitennisvereinigung negative Folgen. „Jeder ist davon betroffen“, sagt Brad Drewett, „die Menschen geben nicht mehr so viel Geld aus.“ Allerdings sei die finanzielle Situation der ATP gut. „Wir sind eine globale Marke mit 63 Veranstaltungen weltweit, deshalb sind wir zuversichtlich.“

Den positiven Faktor des chinesischen Geschäfts bekam er im Anschluss an die Pokalübergaben vorgeführt. Während die ATP in Mercedes Benz für das kommende Jahr einen Sponsor verliert, konnte das Schanghaier Turnier die Verpflichtung eines Hauptsponsors verkünden. Eine Uhrenmarke hält ihre vor der Finanzkrise getätigte Zusage ein. „Wir machen das, um unser Image hier zu verbessern“, sagt Rolex-Repräsentant Arnaud Boetsch, „das ist ein wichtiger Markt, auf dem wir vertreten sein wollen.“ Vorteil China, muss man da wohl sagen.

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