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Update

Tennisüberraschung: Haas besiegt Federer im Endspiel von Halle

Überraschung beim Rasenturnier in Halle: Im Endspiel besiegt der 34-jährige Thomas Haas den fünffachen Turniergewinner Roger Federer mit 7:6 und 6:4 - und denkt noch immer nicht ans Aufhören.

Thomas Haas hatte den Stoppball nahezu perfekt hinter dem Netz platziert, doch Roger Federer erlief ihn noch im allerletzten Moment. Haas schickte den Schweizer mit einem gefühlvollen Lob zurück an die Grundlinie, mit einem akrobatischen Hechtsprung brachte Federer den Ball wieder ins Feld. Aber Haas schlug ihn butterweich diagonal an Federer vorbei, und dem blieb nichts, als anerkennend zu klatschen. Besser konnte man nicht spielen, und Haas war das an diesem Nachmittag ein ums andere Mal gelungen. Mit dem besten Spielzug der Partie sicherte sich Haas das entscheidende Break im zweiten Satz. Und als dann ein Vorhandball Federers knapp hinter der Linie landete, konnte Haas nur noch ungläubig den Kopf schütteln. Er hatte den Schweizer im Finale von Halle mit 7:6 und 6:4 geschlagen, damit hätte wohl niemand gerechnet. Nicht einmal er selbst.

„Das ist der schönste Erfolg meiner Karriere“, sagte Haas, nachdem er seinen Freund am Netz umarmt hatte, „aber ich werde wohl erst heute Abend begreifen, was passiert ist.“ Mit 34 Jahren und nach unzähligen Verletzungspausen war Haas nach drei Jahren noch einmal in ein Endspiel gekommen. Doch dass er dann auch seinen 13. Turniersieg feiern würde, schien eigentlich unmöglich. Haas hatte zwar hervorragend aufgetrumpft auf dem ostwestfälischen Rasen, doch ihm gegenüber stand mit Federer der fünfmalige Halle-Sieger und sechsmalige Wimbledon-Champion als haushoher Favorit. Seit zehn Jahren hatte Federer nicht mehr gegen einen deutschen Spieler verloren, auch Haas' letzter Erfolg gegen ihn lag schon ein Jahrzehnt zurück. Seither hatte ihn Federer neun Mal bezwungen, doch Haas vermieste dem Schweizer den 50. Sieg gegen einen Deutschen in Folge mit einer Leistung, wie aus seinen stärksten Zeiten. „Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, ich komme hier ins Finale und schlage Roger, hätte ich gesagt, der hat nicht alle Tassen im Schrank“, meinte Haas immer noch ungläubig.

So richtig traute er sich gar nicht, nach dem Sieg seine Gefühle herauszulassen. „Tommy stand sicher noch unter Schock“, meinte Federer, „aber meinetwegen hätte er ruhig jubeln dürfen. Ich gönne es niemandem mehr als ihm. Er hat heute verdient gewonnen.“ Für Federer war es dagegen ein bitterer Moment, bei seinem „Wohlfühlturnier“ zu unterliegen, doch die langjährige Freundschaft mit Haas erleichterte ihm die Enttäuschung ein wenig. „Ich hätte sehr gerne gewonnen, aber Tommy war der inspiriertere Spieler, und ich freue mich riesig für ihn.“ Haas war als klarer Außenseiter in dieses Endspiel gegangen, doch dass der aktuelle Platz 87 nichts über die Qualität des ehemaligen Weltranglistenzweiten aussagt, bewies Haas zuletzt bei seinem Auftritt bei den French Open.

„Ich hatte immer davon geträumt, nochmal einen Titel zu gewinnen“, sagte Haas, „die 13 ist ja meine Glückszahl. Das Foto mit dem Pokal und Roger neben mir, werde ich nie vergessen.“ Zu Beginn sah es jedoch nicht danach aus, als würde sich der Traum tatsächlich erfüllen. Federer führte schnell mit 2:0, auch Haas befürchtete in diesem Moment, dass sein Arbeitstag schnell beendet sein würde. Doch Federer, der unter der Woche souverän aufgetreten war, spielte deutlich unter seinen Möglichkeiten. Fehler über Fehler häuften sich beim 30-Jährigen, wie man es äußerst selten bei ihm sieht. „Den ersten Satz hätte ich trotz aller Fehler niemals abgeben dürfen“, ärgerte sich Federer. Besonders auf seine Vorhand war kein Verlass, Haas witterte angefeuert von den 11 000 Zuschauern im Stadion seine Chance. Noch nie war Haas auf Rasen ein Break gegen Federer gelungen, im zweiten Satz klappte es beim Stand von 4:4 mit dem furiosen Punktgewinn.

„Mein Arm war richtig schwer und mein Körper hat gezittert“, schilderte Haas den Moment, als er zum Matchball servierte. Doch nach 16 Jahren auf der Profitour hat er solch heikle Situationen oft genug durchlebt, diesen Triumph wollte er sich um keinen Preis mehr nehmen lassen. 2009 hatte er in Halle gegen Novak Djokovic das Finale gewonnen, nun Federer bezwungen. Es schien, als habe er die Zeit ein wenig zurückgedreht. „Ich weiß, das wäre jetzt eigentlich ein perfekter Moment aufzuhören“, meinte Haas, „aber dafür bin ich noch nicht bereit. Und im nächsten Jahr will ich hier meinen Titel verteidigen.“

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