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Bester Spieler 2012? Wie im Vorjahr wird Novak Djokovic am Jahresende auf Platz eins der Weltrangliste stehen – unabhängig davon, wie der Serbe beim ATP-Saisonfinale in London abschneidet. Foto: dapd

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Tennisweltranglise: Vorteil Djokovic

Weil die Tennissaison verkürzt wurde, steht Novak Djokovic vorzeitig als Nummer eins der Welt fest. Der Ausgang des prestigeträchtigen ATP-Saisonfinals in London hat darauf keinen Einfluss mehr.

Roger Federer ist ein Gentleman. Deshalb bekommt er in dieser Woche während des ATP-Tour-Finals in London auch zum achten Mal den „Stefan-Edberg-Sportsmanship-Award“ verliehen. Außerdem wird ihm nun schon zum zehnten Mal der sogenannte „Fan Favorite“ überreicht, der Preis für den Zuschauerliebling. Eine Trophäe jedoch, die erhält Federer dieses Mal nicht: jenen silbernen Henkelpokal für den besten Spieler des Jahres. Aber weil Federer ein Gentleman ist, sagt er, dass Novak Djokovic verdient am Saisonende die Nummer eins sei. „Ich denke, dass es darüber keine Debatte geben sollte, man wird nicht durch Glück die Nummer eins. Das Ranking zeigt, wie man über eine Periode von 365 Tagen gespielt hat“, sagt Federer.

Zweifellos, Djokovic hat in den letzten zehn Monaten am konstantesten gespielt. Dennoch muss sich der Serbe in diesen Tagen Diskussionen um seinen Status gefallen lassen. Ob Djokovic tatsächlich der herausragende Spieler der Saison gewesen sei? Wo doch jeder der besten vier – Djokovic, Federer, Andy Murray und Rafael Nadal – je ein Grand-Slam-Turnier gewann. Vielleicht liegt es daran, dass im Vergleich zu seinem furiosen Jahr 2011, als Djokovic erst im Halbfinale der French Open seine erste Niederlage kassierte und drei der vier großen Titel gewann, in dieser Saison alles etwas weniger spektakulär wirkt. Oder es hat damit zu tun, dass Federer eben so beliebt ist und deshalb die gefühlte Nummer eins. Auch wenn ihn Djokovic am Montag vom Thron schubste, den er mit Unterbrechungen unerreichte 302 Wochen besetzt hatte.

Vielleicht wird Djokovic aber auch deshalb infrage gestellt, weil Federer nach dem Saisonfinale immer noch Weltranglistenerster sein könnte – hätte man diese Saison nicht um zwei Wochen verkürzt. Für leicht verlängerte Ferien wurde der Turnierplan enger zusammengeschoben, und so gab es erstmals den Fall, dass Federers 3000 Punkte für seine letztjährigen Siege in Basel, Paris und London am Montag auf einen Schlag gelöscht wurden. Das Datum, an dem die Turniere im Jahr zuvor stattfanden, gilt jeweils als Stichtag für den Verlust der alten Zähler. Vor Beginn des Tour-Finals werden sonst lediglich die Punkte aus dem Vorjahr gelöscht, um die Weltrangliste dem sogenannten „Race“-Ranking anzupassen. Wäre die Saison also nicht verkürzt worden und Federer hätte in Paris gespielt und seinen Titel verteidigt, beliefe sich sein Rückstand auf Djokovic auf die 1500 Punkte vom Vorjahressieg in London – und die hätte der Schweizer durchaus aufholen können.

So hätte es in dieser Woche einen Kampf um den Thron gegeben, nun bleibt es beim Machtgerangel um die gefühlte Vorherrschaft. Denn sollten sich Federer oder Murray mit dem WM-Titel krönen, hätten sie schlagende Argumente dafür, 2012 der beste Spieler gewesen zu sein. Zudem sorgten die beiden in den letzten Monaten für die emotionalsten Momente: Murray mit Gold in London und seinem ersten Grand-Slam-Sieg bei den US Open, während Federer in Wimbledon im Alter von fast 31 Jahren seinen ersten großen Titel nach zweieinhalb Jahren holte und seine Kritiker in Selbstzweifel stürzte.

Die harten Fakten sind dagegen auf Djokovic’ Seite: Er gewann zwar nur fünf Titel, brachte es jedoch auf 70 Saisonsiege und heimste bei den Grand Slams wesentlich mehr Punkte ein als Federer: 5120 zu 3800. Dafür holte Federer aber einen Titel mehr. Sein erstes Gruppenspiel in London gewann er am Dienstag gegen den Serben Janko Tipsarevic mit 6:3 und 6:1 – und lieferte eine Leistung ab, die einer Nummer eins absolut würdig gewesen wäre.

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