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Sport: Termin mit Risiken

In Jena findet morgen eine Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit im ostdeutschen Fußball statt

Die Polizei redet von „erhöhtem Sicherheitsrisiko“. Aber sie rechnet nicht mit dem Schlimmsten. Sie geht nicht davon aus, dass es morgen beim Regionalliga- Fußballspiel zwischen Carl Zeiss Jena und dem FC St. Pauli zu Ausschreitungen kommen wird. Diesmal nicht. Es fehlen konkrete Hinweise.

In der vergangenen Woche gab es allerdings Krawalle. Beim Heimspiel von St. Pauli gegen den Chemnitzer FC provozierten 300 gewaltbereite Chemnitzer Fans mit rassistischen Äußerungen. Nach Spielende reagierten die St.Pauli-Fans: Ergebnis war eine Massenprügelei. Und St. Paulis Präsident Corny Littmann warnte die Anhänger seiner Mannschaft, nach Jena zu fahren. Jena liegt in Ostdeutschland, Chemnitz auch, für Littmann war das in diesem Moment generell hochgefährliches Gebiet. Doch jetzt sagt Christian Bönig, der Pressesprecher des FC St. Pauli: „Die Äußerungen von Corny Littmann muss ich relativieren. Unser Präsident stand unter dem direkten Eindruck der Krawalle.“

Doch der Eindruck, dass der Fußball-Osten eine Problemzone ist, wird damit nicht relativiert. Krawalle sind seit Jahren Begleiterscheinungen von Spielen, vor allem bei Duellen von Traditionsklubs in der Oberliga. Die rassistischen Angriffe auf Adebowale Ogungbure, Verteidiger des FC Sachsen Leipzig, beim Spiel in Halle sind nur aktuelle Beweise für diese Fehlentwicklungen.

„Wir wollen in Jena ein anderes Bild zeigen“, sagt Lothar König. Der Stadtjugendpfarrer plant vor dem Spiel eine Demonstration zum Stadion, mit der die Junge Gemeinde gegen Gewalt und Rassismus im Fußball auftreten will. Zugleich sollen die Fans einander näher gebracht werden. „Es kann nicht normal sein, dass auswärtige Fans von der Polizei bis zu ihrem Block gebracht und nach Spielschluss zum Zug eskortiert werden“, sagt König. „Deshalb haben wir die St. Pauli-Fans eingeladen, um mit uns in ihrem Block das Spiel zu feiern.“

Doch bisher wollten nur die jüngsten organisierten Anhänger des Kultklubs auf das Angebot eingehen, sagt Stefan Schatz vom Fan-Projekt des FC St. Pauli. „Der Ansatz der Initiative ist natürlich korrekt“, sagt Matthias Stein. Der Leiter des Fanprojekts Jena sieht aber die Gefahr, dass sich die Falschen angesprochen fühlen: „Wir werden darauf hinwirken, dass sich der Protest nicht gegen die Fans des FC Carl Zeiss Jena richtet.“ Denn für eine fremdenfeindliche Atmosphäre ist das Ernst-Abbe-Sportfeld nicht bekannt, das bestätigt auch St.Pauli-Fanprojektmitarbeiter Schatz.

Allerdings nimmt Stadtjugendpfarrer König durchaus in Kauf, dass es zu Problemen kommen kann. Er will ein Zeichen setzen, er will Öffentlichkeit herstellen, er ist bereit, dafür ein Wagnis einzugehen. „Ich bin mir bewusst, dass die Aktion mit einem kleinen Risiko verbunden ist“, sagt er. Aber natürlich hofft er auch, dass alles ruhig bleibt.

Mathias Liebing[Jena]

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