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Sport: Theater um Pille

Der Puppenspieler Dieter Kussani streitet sich mit der Fifa um die Rechte am sprechenden WM-Ball

Berlin - Am Montag trug sich im Puppentheater Dillingen an der Saar folgende Geschichte zu: Fußballkasper, die Puppe im Trikot der Nationalmannschaft, kam auf die Bühne und machte Witze. Er hatte seinen Freund dabei, den sprechenden Ball Williball. Gerade wollte sich Fußballkasper mit Williball unterhalten, da rief ein Kind dazwischen: „Du heißt gar nicht Williball. Du bist doch Pille!“ Da haben alle Kinder gelacht.

Dieter Kussani erzählt die Geschichte mit trauriger Stimme. Der Puppenbauer hat Williball erfunden. Seit zwei Jahren tourt er mit ihm durch Schulen und Sportvereine, Partner des Projekts ist der Deutsche Fußball-Bund (DFB). Nun aber hat Williball Konkurrenz bekommen – von Pille, dem offiziellen Maskottchen der WM 2006. Der sprechende WM-Ball war vom Weltverband Fifa vor zwei Wochen gemeinsam mit dem Zottellöwen Goleo in der Sendung „Wetten, dass…?“ vorgestellt worden. „Das ist ja mein Maskottchen“, dachte Kussani, als er den Ball im Fernsehen sah. Tatsächlich wirken Williball und Pille, abgesehen von zwei Ärmchen und einer Kappe, ziemlich ähnlich. Die Technik aber unterscheidet sich. Während Williball per Hand bewegt wird, gehorcht Pille einer Fernsteuerung. Dennoch sagt Kussani: „Die Fifa hat mich betrogen und bestohlen.“ Vor zwei Jahren hat er seinen Ball beim Patentamt München eintragen lassen. Nun fordert er Aufklärung vom Weltverband. „Wenn die Fifa keine Lösung anbietet, werden wir sie verklagen“, sagt Kussanis Anwalt Hans-Georg Warken.

„Die beiden Bälle haben eine Ähnlichkeit wie Heidi Klum und Gerhard Schröder“, sagt Ute Krafft. Die Kölner Bildhauerin hat den WM-Ball Pille entworfen und findet den Streit um die Rechte „belustigend“. Insgesamt 18 Entwürfe hatte die Puppenbauerin, die schon die Figuren der Politsatire „Hurra Deutschland“ gebaut hatte, im Laufe des Jahres intern vorgelegt. Die Vorgabe der Fifa an sie beschreibt sie so: „Die haben mir gesagt, ich soll einen sprechenden Ball machen.“ Den Rest habe sie sich selbst ausgedacht, versichert Krafft. Ähnlich argumentiert Stefan Lichter, Geschäftsführer der Kölner Gum-Studios, der die Entwicklung von Pille betreute. „Der Ball ist ein Auftrag der Fifa“, sagt Lichter. Auf die Frage, wann dieser erteilt worden sei, antwortet er: „Irgendwann in diesem Sommer.“

Genau hier sieht Kussani das Problem. Er habe sich zu Jahresbeginn bei EM TV, dem Vermarktungspartner der Fifa, mit Williball für WM-Projekte beworben. Auf Wunsch habe er dann Businesspläne für die Vermarktung eines sprechenden Balls erstellt, etwa mit Malheften. Im März habe EM TV ihm geschrieben, man habe sich für ein anderes Produkt entschieden. „Und jetzt gibt es bei Karstadt Malhefte mit Pille“, empört sich Kussani.

Die Fifa ficht das alles nicht an. „Es gibt viele animierte Bälle auf der Welt, deshalb kann ich keine Verletzung von Rechten erkennen“, sagt Alexander Koch, der bei der Fifa für die Marken der WM 2006 zuständig ist. Koch sieht keinen Ideenklau: „Die Idee, ein Maskottchen und einen Ball zu entwerfen, entstand bei uns bereits im Mai vergangenen Jahres.“

Das Dillinger Puppentheater befürchtet jetzt Einbußen wegen der WM-Konkurrenz. Auf mehr als 600 Veranstaltungen sind Fußballkasper und Williball bislang aufgetreten, um Kinder für Fußball zu begeistern. Die Tournee soll 2005 weitergehen, Schirmherr ist DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder. „Den Kindern werden spielerisch Werte wie Toleranz, Respekt und Fair Play vermittelt“, lobte Mayer-Vorfelder. Auch Franz Beckenbauer, der Cheforganisator der WM 2006, zeigte sich begeistert. Auf der Internetseite des DFB wird er zu dem Theaterstück um Williball folgendermaßen zitiert: „Das ist echte Werbung für den beliebtesten Sport hier zu Lande.“

Diese Werbung macht nun Pille.

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