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Sport: Therapie des Trotzkopfs

Mit Iwan Sajenko erstarkte der 1. FC Nürnberg

An diesem 9. September 2006 gab es keine Zweifel mehr. Es würde ein paar Schwierigkeiten geben in nächster Zeit. Nürnbergs Manager Martin Bader und Trainer Hans Meyer wussten das. Als Iwan Sajenko nach 46 Minuten im Pokalspiel gegen Cloppenburg vom Feld musste, sah der 23 Jahre alte Russe aus wie ein kleiner Trotzkopf. Was keinen überraschte. Schon zu seinen Zeiten beim Karlsruher SC galt Sajenko als Problemfall. Sie redeten mit ihm. Mal zu zweit, mal einzeln. Die Therapie des Trotzkopfs dauerte bis Mitte November. Da wussten die Chefs des 1. FC Nürnberg: Der Sajenko hat die Kurve gekriegt. Bis jetzt hat Sajenko acht Tore erzielt, darunter viele entscheidende, die Nürnberg bis auf Rang fünf trugen. Heute spielt der „Club“ auswärts in Mainz. Das Duell der Mannschaften der Stunde. „Wir haben Tacheles geredet“, sagt Bader. „Er ist ein Schlitzohr“ und einer, „der ständig Druck auf dem Kessel braucht. Wir haben Leitplanken gesetzt, dazwischen kann er ruhig mal anecken.“

Sajenko versuchte mehr. Als es auf dem Trainingsplatz zu einem Wortgefecht zwischen ihm und Meyer kommt, streicht ihn der Trainer aus dem Kader. Das war im November 2006. Nürnberg verlor 1:2 gegen Bremen. Sie redeten wieder mit ihm. Hans Meyer sagte: „Iwan glaubt wohl, er braucht nicht mehr scharf zu trainieren, weil er zwei Minuten für das russische Reich gespielt hat.“ Am 11. Oktober stand Sajenko im Kader seines Heimatlandes, mächtig stolz, endlich berufen worden zu sein. Den Heilungsprozess in Nürnberg machte das nicht eben leichter. „Es gab eine Phase, da haben wir gedacht, der macht bei uns nicht mehr viele Spiele“, sagt Bader. Sajenko habe es wehgetan, so behandelt zu werden. „Unzufrieden mit sich selbst“ sei er gewesen, habe sich „nicht so gut mit dem Trainer verstanden“ und wegen der Erkrankung seines Vaters gelitten, der sich einer Herzoperation unterziehen musste. Bader und Meyer redeten wieder mit ihm. Auf ihre Weise. Der eine spielte den Verständnisvollen, der andere den Ankläger. „Wir haben ihm ins Gewissen geredet und ihm gesagt, welche Reaktion wir erwarten.“ Sajenko zeigte sie. Fünf Minuten früher beim Training, zehn Minuten länger draußen als alle anderen. Der Stürmer sitze inzwischen wie selbstverständlich bei den Führungsspielern beim Frühstück am Tisch, erzählt Bader. Das Zimmer teilt er mit Torwart Raphael Schäfer. Der Russe schaffte den Sprung aus der Trotzecke und zeigt neues Selbstbewusstsein. „Wir haben uns sehr gut entwickelt und etwas geleistet. Die Mannschaft ist in einer Top-Verfassung“, sagt Sajenko.

Der Stürmer hat gute Chancen, mit dem FCN den Uefa-Cup zu erreichen. Iwan Sajenko sei „kräftiger geworden“ (Bader). Kräftig genug für lange Sprints und dafür, aufmerksam auf Lücken beim Gegner zu achten und die für sich und seinen Verein zu nutzen. Anders als damals im September im Pokalspiel in Cloppenburg, als er noch nicht einsehen wollte, auf dem falschen Weg zu sein.

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